Full text: Erzählungen aus der Geschichte

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Zeit ein neuer Adel gebildet, nämlich aus den Familien derjenigen 
römischen Bürger, die eine höhere Magistratur verwaltet hatten. 
Auch dieser Adel, die Nobilität genannt, pflanzte sich durch Erb- 
schast fort und bildete einen Gegensatz zu der großen Masse des 
Volks oder der Plebs. Aber auch diese letztere war in einer 
Stadt, die eine Million Menschen zählte, keine kleine Macht, zu- 
mal da sie volles Bürgerrecht mit dem Stimmrecht in den Ver¬ 
sammlungen hatte. Und wie in allen großen Städten, wo unge- 
heute Reichthümer angehäuft sind, gab es auch in Rom in dieser 
Plebs eine große Menge dürftiger Leute; diese waren um des 
Vortheils willen leicht von solchen zu gebrauchen, welche sich eine 
mächtige Stellung verschaffen wollten. Der Vortheil, den oft die 
Massen davon trugen, lockte noch andere in die Stadt, und so 
wurde die Zahl solcher Leute, welche sich um Geld und Wohl- 
leben zu allen Partetungen gebrauchen ließen, immer größer. 
Ihnen und ihren Führern standen die Anhänger des Senates, die 
Nobiles oder die sogenannten Optimalen gegenüber; auch sie hatten 
ihre Führer, und Bürgerkriege waren unausbleiblich. 
Bald nach dem dritten punischen Kriege war es in Folge 
dieser Parteiungen zwischen den Optimaten und der Plebs zu 
blutigen Kämpfen gekommen (134—121). Zwei Brüder, aus 
vornehmer Familie, Tiberins und Cajus Gracchus, die Enkel 
des älteren Scipio, bemühten sich der verarmten Vollsmasse zu 
Grundeigenthum zu verhelfen, indem sie durch ein Ackergesetz eine 
billige Vertheilung der Staatsländereien verlangten. Die Optimaten 
wollten aber ausschließlich sich in dem Besitze derselben erhalten 
und widersetzten sich daher mit aller Heftigkeit dieser Forderung. 
Auf dem Forum selbst kämpften ihre Schaaren gegen die An¬ 
hänger der Gracchen, und nach blutigen Siegen verblieben die 
Optimaten in ihrem Besitze. Die beiden Brüder wurden das 
Opser ihrer Bestrebungen; aber das Voll ehrte sie hoch in dank¬ 
barem Andenken, und ihre edle Mutter Cornelia, wurde, wann sie im 
Volke erschien, mit dem Zuruf begrüßt: „Seht, das ist die Mutter 
der Gracchen." 
§. 69. 
Marius Sulla. 
Nach der Unterdrückung der Bestrebungen der Gracchen stei- 
gerte sich der Unmuth der Plebs gegen den Adel immer mehr; 
daher ließ sie sich leicht zu ehrgeizigen Planen benützen, wenn es 
nur schien, daß dadurch die Uebermacht des Adels gebrochen wer- 
KappeZ, Erzähl, a. d. Gesch. 4. Aufl. 8
	        
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