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395 Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine 
Vversammle sie die liebende Gemeine. 
Und dies sei fortan ihr Beruf, 
Wozu der Meister sie erschuf: 
Hoch überm niedern Erdenleben 
Soll sie im blauen Himmelszelt, 
400 Die Nachbarin des Donners, schweben 
Und grenzen an die Sternenwelt; 
Soll eine Stimme sein von oben 
Wie der Gestirne helle Schar, 
Die ihren Schöpfer wandelnd loben 
405 Und führen das bekränzte Jahr. 
Nur ewigen und ernsten Dingen 
Sei ihr metallner Mund geweiht, 
Und stündlich mit den schnellen Schwin— 
gen 
Berühr' im Fluge sie die Zeit. 
410 Dem Schicksal leihe sie die Zunge 
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl, 
Begleite sie mit ihrem Schwunge 
Des Lebens wechselvolles Spiel. 
Und wie der Klang im Ohr vergehet, 
415 Der mächtig tönend ihr entschallt, 
So lehret sie, daß nichts bestehet, 
Daß alles Irdische verhallt. 
Jetzo mit der Kraft des Stranges 
Wiegt die Glock' mir aus der Gruft, 
120 Daß sie in das Reich des Klanges 
Steige, in die Himmelsluft! 
Ziehet, ziehet, hebt! 
Sie bewegt sich, schwebt! 
Freude dieser Stadt bedeute, 
425 Friede sei ihr erst Geläute. 
144. Epilog zu Schillers „Glocke“9). 
Von J. W. von Gocthe. 
Werke. Stuttgart 1867. Bd. XVI, S. 8371. 
„Freude dieser Stadt bedeute, 
Friede sei ihr erst Geläute.“ 
4. Denn er war unser. Mag das stolze 
Wort 
Den lauten Schmerz gewaltig übertönen! 
Er mochte sich bei uns im sichern Port 
Nach wildem Sturm zum Dauernden ge— 
wöhnen. 
Indessen schritt sein Geist gewaltig fort 
Ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen, 
Und hinter ihm in wesenlosem Scheine 
Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine. 
5. Nun schmückt' er sich die schöne Garten⸗ 
zinne, 
Von wannen er der Sterne Wort vernahm, 
Das dem gleich ew'gen, gleich lebend'gen 
Sinne 
Geheimnisvoll und klar entgegenkam. 
Dort, sich und uns zu köstlichem Gewinne, 
Verwechselt' er die Zeiten wundersam, 
Begegnet so, im Würdigsten beschäftigt, 
Der Dämmerung, der Nacht, die uns ent— 
kräftigt. 
6. Ihm schwollen der Geschichte Flut auf 
Fluten, 
Verspülend, was getadelt, was gelobt, 
Der Erdbeherrscher wilde Heeresgluten, 
Die in der Welt sich grimmig ausgetobt, 
Im niedrig Schrecklichsten, im höchsten Guten 
D9 
1. Und so geschah's! Dem friedenreichen 
Klange 
Bewegte sich das Land, und segenbar 
Ein frisches Glück erschien; im Hochgesange 
Begrüßten wir das junge Fürstenpaar; 
Im Vollgewühl, in lebensregem Drange 
Vermischte sich die thät'ge Völlerschar, 
Und festlich ward an die geschmückten Stufen 
Die Huldigung der Künste? vorgerufen. 
2. Da hoͤr' ich schreckhaft mitternächt' ges 
Läuten, 
Das dumps und schwer die Trauertöne schwellt. 
Ist's möglich ? Soll es unsern Freund bedeuten, 
An den sich jeder Wunsch geklammert hält? 
Den Lebenswürd'gen soll der Tod erbeuten? 
Achl wie verwirrt solch ein Verlust die Welt! 
Ach, was zerstört ein solcher Riß den Seinen! 
Nun weint die Welt, und sollten wir nicht 
weinen? 
3. Denn er war unser. Wie bequem gesellig 
Den hohen Mann der gute Tag gezeigt, 
Wie bald sein Ernst anschließend, wohlgefällig 
Zur Wechselrede heiter sich geneigt, 
Bald raschgewandt, geistreich und sicherstellig 
Der Lebensplane tiefen Sinn erzeugt 
Und fruchtbar sich in Rath und That ergossen: 
Das haben wir erfahren und genossen. 
) Zum erstenmale am 10. August 1805 in Lauchstädt dramatisch aufgeführt. 
2 Festspiel von Schiller, aufgeführt am 12. November 1804.
	        
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