Full text: Erzählungen aus der griechischen und römischen Geschichte

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5. Hannibals Siege. — Hannibal erschrak nicht. 
Nach kurzer Rast ließ er sein Heer dem herannahenden Feinde 
kühn entgegenrücken und besiegte ihn in einem Reitertreffen an 
dem Alpenflüßchen Ticinus. Darauf erschien ein zweites 
römisches Heer; Hannibal schlug es an dem Flusse Trebia. 
Immer weiter drang er in Italien ein; da stellten sich im 
nächsten Frühjahr die Römer ihm zum drittenmal entgegen. 
Sie erlitten am trasimenischen See eine völlige Nieder- 
läge. Jetzt zitterte das stolze Volk vor dem gewaltigen Sieger; 
der Weg nach Rom stand ihm offen. Doch Hannibal wollte erst 
das übrige Land den Römern entreißen und auf seine Seite 
bringen, ehe er auf die mächtige Stadt selbst losging. Er zog 
daher nach dem südlichen Italien, und die Römer hatten Zeit, 
abermals ein Heer auszurüsten. Sie gaben demselben den 
FabiusMaximus, einen alten, erfahrenen Mann, zum 
Feldherrn. Dieser wich jeder Schlacht aus und hielt sich mit 
seinem Heere immer vorsichtig auf den Höhen der Berge, so daß 
der Feind ihn nicht erreichen konnte. Man nannte ihn daher 
den Zauderer. Doch hinderte er den Hannibal am raschen 
Vordringen. Einmal hätte er ihn beinahe gefangen genommen. 
Es gelang ihm, das karthagische Heer in ein ganz von Bergen 
umringtes Thal zu locken und dort einzuschließen. Aber Hannibal 
wußte sich zu helfen. Er ließ in der Nacht 2000 starken Ochsen 4 
Reisigbündel zwischen die Hörner binden, diese anzünden und 
dann die Tiere gegen die Anhöhen treiben, wo die Römer 
standen. Die Ochsen wurden durch das Feuer auf ihren Köpfen 
wütend, rannten mit entsetzlichem Gebrüll das Gebirge hinan 
und brachten das ganze römische Heer in Verwirrung. Unter- 
des zog der schlaue Hannibal rasch aus der gefährlichen Berg- 
schlucht hinweg. Bald darauf legte der alte Zauderer den Heer- 
befehl nieder, und die neuen römischen Feldherren wagten wieder 
eine Schlacht. Sie wurde in Süditalien bei dem Orte 
Cannä (216) geliefert und war die fürchterlichste im ganzen 
Kriege. Das stattliche Heer der Römer wurde vollständig ver- 
nichtet; 70000 römische Leichen bedeckten das Schlachtfeld, 
unter ihnen der eine der beiden Konsuln und eine Menge der
	        
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