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4. Die große Völkerwanderung 375—568.
von (Mb, Silber und andern Kostbarkeiten. „Was willst du uns übrig
lassen?" fragten die Römer erschreckt. „Das Leben," erwiderte Klarich.
Und die stolze Stadt mutzte sich fügen; sie erkaufte sich Schonung, und
Klarich zog mit seinen Westgoten ab. Doch schon nach zwei Jahren
kehrte er wieder, und diesmal wurde Rom erobert und aus¬
geplündert. 410. Dann zogen die Westgoten nach Süditalien, um nach
Sizilien und Hfrifca überzusetzen. Doch bei der Stadt Cofenza ereilte
den jugendlichen Klarich ein frühzeitiger Tod. Die (Boten begruben
ihren geliebten König auf eigentümliche Weise. Sie leiteten den Fluß
Busento ab, bereiteten in dem trockenen Flußbett ein Grab, senkten den
Toten, den sie gerüstet auf sein Streitrotz gesetzt hatten, mit vielen
Schätzen hinein und leiteten dann den Fluß wieder in sein altes Bett.
So konnte niemand den Ort finden, wo Klarich begraben lag. Der
neue König führte darauf das Volk wieder durch Italien zurück nach
dem südlichen Gallien (Frankreich) und gründete dort ein Westgoten-
reich. Dies breitete sich bald auch über Spanien aus und bestand drei
Jahrhunderte Iang.y
3. Der Hunnenkönig Attila. Die Hunnen waren inzwischen
noch weiter nach Westen vorgedrungen. Sie teilten sich anfangs in
mehrere Horden; dann aber verschaffte sich der kriegstüchtige Kttila
die Alleinherrschaft über das ganze Hunnenvolk. Er war, wie alle
Hunnen, plump und häßlich; aber sein stolzer Gang und sein durch-
dringender Blick ließen den Herrscher erkennen. (Er liebte den Krieg,
doch auch die kluge Verhandlung; dem Feinde war er furchtbar, den
Bittenden aber zugänglich und gegen solche gnädig, die sich ihm unter¬
worfen hatten. Sein liebster Wohnsitz lag in Ungarn. Dort stand in
einem großen Dorfe sein Palast; er war wie die andern Häuser aus
holz erbaut, doch mit geschmückten hallen versehen und von einem mit
Türmen besetzten Holzzaun umgeben, hier nahten ihm Fürsten und
fremde Gesandte; sie erschienen wie Diener des Königs, zitterten bei
seinen Worten und eilten, seine Befehle zu vollziehen. Seine Gäste
speisten von goldenem und silbernem Gerät; er selbst benutzte hölzerne
Teller und Becher und genoß nur einfache Speisen. Beim Gastmahl
durften Gesänge und Scherze nicht fehlen; doch bewahrte er selbst
strengen (Ernst. (Er glaubte das Schwert des Kriegsgottes zu besitzen und
hielt sich für eine Zuchtrute, durch welche Gott die Völker bestrafen wolle.
Rttilas Herrschaft reichte von den Grenzen Rstens bis tief nach
Deutschland hinein. Rber das genügte ihm nicht; er wollte auch die
Westgoten und Römer unterwerfen. Deshalb brach er mit einem großen
Heere auf und zog durch Deutschland über den Rhein nach Gallien.