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§ 47. Die Kunstbauten Athens.
Der Jnnenbau war von Jonischen Säulen getragen (und enthielt ein Haupt-
thor und vier Nebenthore), während die Vorhallen im Osten und Westen auf
je sechs Dorischen Säulen ruhten. Zu beiden Seiten standen Flügelgebäude,
wovon das nördlich gelegene späterhin als Pinakothek (Sammlung von Gemälden)
verwendet wurde.
2. Der Parthenon, von Jktinus und Kallikrätes mit zwei Vorhallen
und einem Säulenumgang in Dorischem Stil ganz aus Marmor aufgeführt
und von Phidias mit reichem bildnerischen Schmuck ausgestattet, war der
berühmteste aller Athenetempel.^)
Der Parthenon steht, wie andere Bauten der Akropolis, noch heute als an-
sehnliche Ruine. Die von Phidias und seinen Schülern herrührenden Skulpturen
stellten dar: a) in den beiden Giebelfeldern Seenen des Pallasmythus (die Geburt
der Göttin und ihren Wettkampf mit Poseidon um den Besitz Attikas), b) auf deu
Metopeu (heutzutage in London) Amazonen-, Centauren- und Gigantenkämpfe,
c) auf dem Fries der Cella den Panathenäen-Festzug und eine Götterversammlung,
d) im Tempelinnern das weihevolle Bildnis der jungfräulichen Kriegsgöttin selber.
3. Das Hrechtheum (oder Erechtheion), eine Verbindung mehrerer Tempel
zu einem Ganzen, war in Jonischem Stil erbaut und mit drei Vorhallen
ausgestattet, deren schönste die noch stehende Karyatidenhalle war.
Das Erechthenm, dem Stammheros Erechthens und den Göttern Poseidon
und Athene gewidmet, enthielt neben anderen Merkwürdigkeiten jenes Schnitzbild
der Athene Polias, welches alle vier Jahre am Hauptfesttage der Panatheuäen
von den athenischen Frauen und Jungfrauen mit einem kunstreich gewirkten
Safrangewand neu bekleidet wurde. Die Karyatidenhalle bot die eigentümliche
Neuerung, daß cm Stelle von Säulen edelgeformte Mädchengestalten als Gebälk-
trägerinnen verwendet waren. Nach diesem Vorbilde schuf man anderwärtig
auch männliche Gebälkträger, welche Atlanten oder Telamone genannt werden.
4. Die Athene ^romächos, von Phidias in voller Kriegsrüstung dar-
gestellt, war ein aus der Zeit Cimons stammender Erzguß, der in der Mitte
des Burghofes auf starkem Unterbau 21 m hoch emporragte und als das
vornehmste Wahrzeichen Athens galt.
Schon von ferne aus konnte der Schiffer, der um das Vorgebirge Sunium
gebogen war, angeblich die goldene Spitze des Speeres und den glänzenden
Helmbusch der „Vorkämpferin" von Hellas erblicken.
5. Der Tempel der Mike, der rechts am Eingange zu den Propyläen
steht und im Jonischen Stil ausgeführt ist (vgl. Nr. 2 auf Fig. 15).
Über die sonstigen Bauten der Burg und ihrer Umgebung, zum Teil Wid-
tnungen aus späterer Zeit, vgl. das Verzeichnis bei Fig. 15.
II. Bauwerke der Stadt.
Von weiteren Bauwerken des alten Athen sind folgende hervorzuheben:
1. Der Tempel des Aheseus oder das Theseion, durch (Simon gegründet,
ist im Dorischen Stil gebaut und noch ziemlich gut erhalten.
x) Eine ungefähre Nachbildung des Parthenon ist die Walhalla bei Regensburg.