Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrer- und Lehrerinnenseminare (Teil 2)

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staatliche Bevormundung stellten. Sie befolgten hierbei wie die 
Venezianer und Hanseaten hauptsächlich kaufmännische Grundsatze 
und suchten möglichst viel für die Staatskasse zu gewinnen. Diese 
sog. Merkantilpolitik (merkantilisch = kaufmännisch) wurde seit Karl V. 
bis in die Zeit Friedrichs des Großen fast von allen bedeutenden 
Staatsmännern des 17. und 18. Jahrhunderts befolgt. Ihre voll- 
kommenste Ausbildung fand sie in Frankreich durch deu Minister 
Colbert (f 1683). Die Hauptsätze des Systems sind 
folgende: 
1. Das gesamte wirtschaftliche Leben ist ein Produkt der Re- 
gierungskunst. 
2. Aller Reichtum und alles Vermögen der Staaten besteht in 
Gold und Silber; deshalb muß die Regierung jedes Staates 
alle Mittel anwenden, um den Geldvorrat zu vergrößern. 
3. Das Hauptmittel dieser Vergrößerung ist der Handel, und zwar 
ein Handel, der mehr Waren ausführt als einführt und für den 
Überschuß der Ausfuhr Gold ins Land bringt. 
4. Zu diesem Handel gehören Ausfuhrartikel, die von den Gewerben 
der Stoffveredlung geliefert werden. Die gewerblichen Betriebe aber 
erfordern wieder viele menschliche Hände; deshalb muß möglichste 
Steigerung der Bevölkerung erstrebt werden. 
Zur Durchführung der Merkantilpolitik wurden 
insbesondere folgende Maßregeln empfohlen: 
1. Es muß verboten werden, Gold, Silber und geprägtes Geld 
über die Grenze zu schaffen. 
2. Es muß die technische Industrie durch Vorschüsse, durch 
Verleihung von Vorrechten, durch zeitgemäße Neugestaltung der 
Zünfte, namentlich aber dadurch gefördert werden, daß der Staat 
die Einfuhr von Rohprodukten erleichtert und ihre Ausfuhr 
verbietet oder hoch mit Zöllen belastet (Prohibitivsystem, 
von lat. prohibere = verhindern), dagegen die Ausfuhr der ein- 
heimischen Fabrikate begünstigt und die Einfuhr fremder Industrie- 
erzeugnisse verbietet oder durch Einfuhrzölle erschwert. 
3. Zur Hebung der Reederei und des auswärtigen Handels sind 
Handelskompagnien und Seeversicherungsgesellschaften ein- 
zurichten. Der Verkehr fremder Fahrzeuge in den Landeshäfen ist 
zu beschränken (Navigationsakte S. 188). 
4. Um Rohmaterialien möglichst billig zu beziehen und die fertigen 
Fabrikate vorteilhaft absetzen zu können, empfiehlt sich die Gründung 
und Beschützung abhängiger Kolonien, sowie der Abschluß 
günstiger Handels- und Schiffahrtsverträge. 
5. Da das Wachstum der Bevölkerung gefördert werden muß. 
ist das Eingehen zahlreicher und früher Ehen zu begünstigen.
	        
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