Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrer- und Lehrerinnenseminare (Teil 2)

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eines Primas von Deutschland. Württemberg, Baden, Hessen- 
Kassel und Salzburg wurden zu Kurfürstentümern erhoben. Die 
geistlichen Staaten (23 Bistümer und 19 Abteien mit rund 
1700 Quadratmeilen Gebiet) wurden säkularisiert.* Ferner verloren 
46 Reichsstädte, die Reichsdörfer, die gräflichen und ritterschaftlichen 
Gebiete, im ganzen 112 Staaten, ihre politische Selbständigkeit. 
Preußen erhielt die Bistümer Paderborn, Hildesheim, 
die östliche Hälfte des Bistums Münster, die in Thüringen 
liegendenBesitzungen des Erzbistums Mainz (Erfurt, 
das Eichsfeld), einige Reichsstädte und Abteien. Diese 
Erwerbungen umfaßten rund 10 000 qkm und waren ungefähr 
dreimal so groß wie die an Frankreich abgetretenen Besitzungen 
auf der linken Rheinseite. Auch Bayern, Württemberg und Baden 
wurden reich entschädigt, damit Napoleon in ihnen eine Stütze gegen 
Osterreich habe. Dieses ging leer aus. 
Durch den Reichsdeputationshauptschluß wurde das alte 
Deutsche Reich in Wirklichkeit aufgelöst. Doch schuf die 
Beseitigung der zahllosen Kleinstaaten die Grundlage für eine bessere 
Verwaltung und eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung. 
Die Gründung des Napoleonischen Kaisertums. 
1. Der Neubau des französischen Staates. Bald nachdem 
Napoleon in den Besitz der höchsten Gewalt gelangt war, begann 
er die traurigen Verhältnisse, in die Frankreich durch die Revolution 
geraten war, zu bessern. Er schuf eine streng zentralisierte Ver- 
waltung, die sich im wesentlichen bis heute erhalten hat. An die 
Spitze der Departements stellte er Präfekten, an die der Arron- 
dissements Unterpräfekten und an die der Gemeinden Maires. Alle 
diese Beamten wurden von der Regierung ernannt; die Selbst- 
Verwaltung bestand nur zum Schein. Auch das ganz verwahrloste 
Schulwesen wurde neu geordnet, und die Rechtspflege erhielt durch 
ein bürgerliches Gesetzbuch (Code Napoleon) eine sichere Grundlage. 
Mit Papst Pius VII. schloß Napoleon ein Konkordat. Die katho- 
lische Kirche wurde in Frankreich wiederhergestellt, aber in große 
Abhängigkeit vom Staate gebracht. Indem Napoleon das Wirt- 
schaftliche Gedeihen des Volkes förderte, gewöhnte er das Volk 
allmählich an die Monarchie. Die Emigranten wurden zurück- 
gerufen und die Erinnerungen an die Republik vernichtet. Die 
* Säkularisieren heißt verweltlichen; das Wort kommt von „Säkulum", 
womit man einen Zeitraum von hundert Jahren bezeichnet. Im kanonischen 
(kirchlichen) Rechte bedeutet Säkulum das bürgerliche Leben und die büraer- 
liche Gesellschaft im Gegensatz zur Kirche und Geistlichkeit.
	        
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