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noch lesen konnten. Bis zum 7. Jahre blieb der Knabe unter
mütterlicher Obhut nnd kam dann als Page (Edelknabe- an den
Hof eines vornehmen Ritters, gewöhnlich des Lehnsherrn, um in
höfischer Sitte, wohl auch in Gesang und Harfenspiel uuterwieseu
zu werden. Sein Dienst galt hier besonders der Herrin. Hatte
der Edelknabe das 15. Lebensjahr erreicht, so wurde er Knappe
(Edelknecht) und erhielt das Schwert. Er hieß jetzt Junker
(Jungherr) und trat in den Dienst eines Ritters, den er als Waffen¬
träger zum Turnier, auf die Jagd und in die Schlacht begleitete.
Mit dem 21. Jahre wurde der Knappe gewöhnlich Ritter.
Die Erteilung der Ritterwürde geschah häufig in feierlicher
Weise und wurde „Ritterschlag" oder „Schwertleite" genannt.
Nachdem sich der Knappe durch Fasten und Gebet vorbereitet hatte,
gelobte er feierlich vor dem Altare, die Kirche und ihre Diener
gegen die Ungläubigen zu verteidigen, die Armen, Witwen und
Waisen zu beschirmen, dem Lehnsherrn bis in den Tod treu zu
sein und einen ehrbaren Lebenswandel zu führen. Dann schlug
ihn ein bewährter Ritter dreimal mit dem Schwerte sanft auf die
Schulter und verlieh ihm damit die Ritterwürde. Dem jungen
Ritter wurden hierauf Waffen und Rüstung überreicht. Als
besonders ehrenvoll galt es, wenn der Kaiser oder der Lehnsherr
den Knappen, die sich in der Schlacht durch Tapferkeit ausgezeichnet
hatten, nach dem Kampfe den Ritterschlag erteilte.
3. Waffen und Rüstung. Die Waffen des Ritters waren
Schwert, Lanze und Schild. Das Schwert trug der Ritter zu
jeder Zeit; der Lanze bediente er sich nur, wenn er in den Kampf
zog. Zum Schutze gegen Lanzenstöße trug der Ritter am linken
Arme den Schild. Dieser bestand aus Holz, das mit Leder über¬
zogen und mit Eisen beschlagen war. Die Ritter schützten ihren
Körper durch einen Panzer, der im Laufe der Zeit verschiedene
Formen annahm. Er bestand gewöhnlich aus Leder oder festem
Leinenzeug, das in der älteren Zeit mit eisernen Schuppen, spater
mit Ringen besetzt war (Schuppenpauzer, Ringpanzer). Seit dem
14. Jahrhundert verwendete man statt der Ringe Eisenplatten;
so entstand der Plattenpanzer. Den Kopf des gepanzerten Ritters
bedeckte ein Helm, der zur Zeit der Kreuzzüge eine unschöne, topf¬
artige Form hatte. Später brachte man am Helm das Visier, eine
Schutzvorrichtung für das Gesicht, an. Da eine solche Rüstung
die Ritter unkenntlich machte, so ließen si< aus den Schild als
Erkennungszeichen das „Wappen" malen, das in dem Bilde eines
Tieres, einer Blume oder dgl. bestand. Bei festlichen Gelegenheiten
trugen die Ritter ein buntes mantelartiges Obergewand. (Abb. 6).
Aus der höfischen Zeit. Atzler, Qu. Nr. 23.