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2. Und rings erfüllte den hohen Balkon
das Volk in freud'gem Gedränge;
laut mischte sich in der Posaunen Ton
das jauchzende Rufen der Menge;
denn geendigt nach langem, verderblichem Streit
war die kaiserlose, die schreckliche Zeit,
und ein Richter war wieder aus Trden.
Nicht blind mehr waltet der eiserne Speer,
nicht fürchtet der Schwache, der Friedliche mehr
des Mächtigen Beute zu werden.
3. Und der Kaiser ergreift den goldnen Pokal
und spricht mit zufriedenen Blicken:
„Wohl glänzet das Fest, wohl pranget das Mahl,
mein königlich Herz zu entzücken;
doch den Sänger vermiss' ich, den Bringer der tust,
der mit süßem 4>lang mir bewege die Brust
und mit göttlich erhabenen Lehren.
So hab' ich's gehalten von Jugend an,
und was ich als Ritter gepflegt und getan,
nicht will ich's als Kaiser entbehren."
Und sieh! in der Fürsten umgebenden chcheis
trat der Sänger im langen Talare;
ihm glänzte die Locke silberweiß,
gebleicht von der Fülle der Jahre.
„Süßer Wohllaut schläft in der Saiten Gold,
der Sänger singt von der Minne Sold,
er preiset das höchste, das Beste,
was das Herz sich wünscht, was der Sinn begehrt;
doch sage, was ist des Kaisers wert
an seinem herrlichsten Feste?" —
5. „Nicht gebieten werd' ich dem Sänger," spricht
der Herrscher mit lächelndem Munde,
„er steht in des größeren Herren Pflicht,
er gehorcht der gebietenden Stunde.
Wie in den Lüften der Sturmwind saust,
man weiß nicht, von wannen er kommt und braust,
wie der Auell aus verborgenen Tiefen,
so des Sängers Lied aus dem Innern schallt
und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt,
die im Kerzen wunderbar schliefen."
Hirts Lesebuch. AuSg. 6. Neubtg. 30 -8