c^ic^ic^ 14. Wie Kriemhilde (= Gudrun) Königin der Hennen wird, rorora
teuern Eid geschworen," sprach Günther, „ihr nimmer wieder ein Leid zu
tun, und diesen Eid denk' ich zu halten. Sie ist ja meine Schwester." „So laß
mich den Schuldigen sein!" versetzte Hagen sinster und ging aus dem Gemach.
Nicht lange darnach fuhr König Günther mit all den Seinen aus
dem Lande aus eine Heerreise. Hagen allein blieb in Worms zurück, bind
als die Helden ferne waren, raubte er Kriemhilden den Nibelungenhort
und versenkte alles unweit von Lochheim zwischen Worms und Lorsch in
den Rhein. Er hoffte wohl in Zukunft noch des Schatzes zu genießen;
doch das sollte nie geschehen. Die Fürsten kehrten nun mit ihren Mannen
heim und Kriemhilde ging zu ihnen und klagte ihnen den ungeheuren
Schaden, den ihr der grimme Hagen angetan. Da sagten alle: „Er tat
übel daran!" und selbst der König zürnte dem harten Manne, also daß
dieser eine Zeitlang aus Worms entweichen mußte, bis der Zorn des
Fürsten sich gesänftigt hatte. Der armen Kriemhilde aber konnte niemand
das geraubte Gut wiederbringen, mit neuem Leid beschwert war ihr Mut.
Ihre heimliche Hoffnung, daß ihr des Goldes Macht Rache schaffen werde
für Siegfrieds Tod, war nun für alle Zeit zertrümmert; ärmer, einsamer
und hilfloser als je ein anderes Weib, das den Gatten verlor, stand sie
da und von neuem brütete ihre harmvolle Seele über finstern Racheplänen.
Die Zeit der Rache sollte bald erscheinen.
Im fernen Reich der Hunnen war die edle Helche, König Etzels
Weib, gestorben. Drei Jahre hatte der mächtige Völkerfürst um die treue
Gattin getrauert. Da rieten ihm seine besten Freunde und Vasallen, noch
einmal zu freien. „Wenn ihr ein hehres Weib gewinnen wollt," sprachen
sie, „so werbet um Kriemhilde, des starken Siegfrieds Witwe." — Und
Etzel beschließt die Werbung auf den Rat seines treuen Dieners, des
Markgrafen Rüdigers von Bechelarn.
Dieser übernimmt es selbst, die Werbung am Hofe der Burgunden
anzubringen, und zieht von der Etzelnburg westwärts nach Bechelarn in
Österreich, seiner Heimat, wo er von der treuen Gattin Gotelinde und
der blühenden Tochter freudig empfangen wird. Als er seiner Gemahlin
den Zweck seines Kommens und Weiterziehens erzählt, wird diese, wenn
auch der Ankunft und ehrenvollen Botschaft ihres Gatten froh, doch weh¬
mütig bewegt von dem Andenken an die liebe gestorbene freundliche Herrin
Helche, an deren Stelle eine andere treten soll.
Rüdiger zieht weiter und langt zu Worms an, unbekannt den Königen
und ihrem Gefolge; nur Hagen ruft überrascht: „Ich habe gar lange
Rüdigern nicht gesehn; aber die Haltung dieser Boten ist so, daß ich nur
glauben kann, Rüdiger aus dem Heunenlande müsse es selbst sein, der
kühne und hehre Degen." „Wie sollte," fragte der König verwundert,
»»der Held von Bechlarn hierher an den Rhein kommen?" Aber in dem
A. Bock, Lesebuch II. 0*1 33 sO