Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 (Teil 2)

Brandenburg unter dein Großen Kurfürsten. 
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sich 1653 dahin, daß sich beide Mächte in deren Ertrag teilten. Nun erst räumten die 
Schweden Hinterpommern. Der Kurfürst aber, der die Wichtigkeit des Küstenbesitzes 
richtig einzuschätzen wußte, sah sich um den Vorteil der pommerschen Erbschaft zum 
größten Teil betrogen; seine ganze spätere Politik richtete sich daher vor allem auf die 
Verdrängung der Schweden aus dem Mündungsgebiet der Oder. 
6. Während des schwedisch-polnischen Krieges offenbarte sich in der durch 
die wechselnde Stellungnahme Brandenburgs erlangten allseitigen Anerkennung 
der Souveränität Preußens die diplomatische Meisterschaft des Großen 
Kurfürsten und in den kriegerischen Leistungen der Brandenburger die Kriegs¬ 
tüchtigkeit des kurfürstlichen Heeres. 
Der schwedisch-polnische Krieg. 
*. Die Ursache für die Entstehung des Krieges lag in erster Linie in der 
ungünstigen Entwicklung der inneren Verhältnisse Schwedens. Das an Hilfsmitteln 
arme Land war während des Dreißigjährigen Krieges eine der ersten Kriegsmächte 
Europas geworden, weil es die Mittel zum Unterhalt seiner Heere aus Deutschland 
gezogen hatte, wollte Schweden jetzt nicht auf Erhaltung seiner militärischen Stärke 
verzichten, so war es gezwungen, das Heer in einem neuen Kriege sich selbst er¬ 
nähren zu lassen. Die Angriffe des russischen Großfürsten Alexei auf Polen, die über 
kurz oder lang auch der schwedischen Gstseeherrschaft gefährlich werden mußten, 
schienen der schwedischen Kriegslust willkommene Gelegenheit zur Betätigung zu 
bieten. Allein die Siegesaussichten waren nicht verlockend genug; viel größere Erfolge 
versprach ein siegreicher Krieg gegen das von inneren Unruhen geschwächte polenreich. 
2. Die Veranlassung zu einem Angriffe auf polen ergab sich aus 
dynastischen Streitigkeiten zwischen Karl Gustav von Schweden und Johann Kasimir 
von polen, der als Sproß des Hauses Wasa dem neuen Schwedenkönig das Recht des 
Thronbesitzes bestritt. 
3. Der Verlauf des Krieges. 
a. Der anfängliche Verlauf des Kampfes schien den Schweden einen raschen 
und vollständigen Sieg bringen zu wollen. Dem stürmischen Angriffe Karls X. (*656) 
erlag das polenreich ohne ernsthaften widerstand, schon iin Oktober *656 befanden 
sich die Schweden im Besitz der polnischen Hauptstädte Warschau und Krakau. Diesen 
unerhörten Erfolgen der Schweden gegenüber sah sich der Große Kurfürst in eine 
schwierige Lage versetzt. Nachdem es ihm nicht gelungen war, vor Ausbruch des 
Krieges das Bedürfnis Schwedens, in Preußen einen Stützpunkt zu gewinnen, zu 
feinen Gunsten ausznnützen, machte er nach den raschen Siegen Karls X. den versuch, 
in Preußen eine selbständige Haltung zu behaupten. Sein Unternehmen scheiterte 
jedoch vollständig, er mußte *656 im vertrage von Königsberg die polnische 
Lehnsrührigkeit seines Herzogtums gegen die viel drückendere schwedische vertauschen 
und erlangte nur den einen Vorteil, daß er das Bistum Ermland als schwedisches 
Lehen erhielt. 
b. Nun begann sich aber die Kriegslage zu Karls Ungunsten zu wenden, 
indem in Polen die vom Klerus geschürte nationale Widerstandskraft auflebte und 
die schwedischen Eroberungen fast sämtlich verloren gingen. Unter solchen Umständen 
wurde die brandenburgische Bundesgenossenschaft für die Schweden viel wertvoller. 
Daher verstanden sich die Schweden im vertrage zu Marienburg *656 zu wesent¬ 
lichen Erleichterungen der Lehnspflichten des Kurfürsten, dem außerdem ein namhafter 
Anteil an der Siegesbeute zugesichert wurde. Als Verbündete der Schweden verhalfen 
darauf die brandenburgifchen Truppen Karl X. zu dem ruhmreichen Siege von 
Warschau (28. Juli *656), welcher den Kriegsruhm der neugeschaffenen branden- 
burgischen Armee begründete. Allein die polnische Widerstandskraft war trotz des 
glänzenden Sieges der Schweden nicht gebrochen. In den Russen und den Nieder¬ 
ländern erwuchsen Karl X. neue Gegner, und auch der Kaiser machte Miene, die 
Polen zu unterstützen. Das bewog den Schwedenkönig zu neuen Zugeständnissen an
	        
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