Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges (Teil 1)

242 Deutsche Geschichte in der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege. 
burger, schob damit einen Keil in den österreichisch - spanischen Zusammen- 
hang, und verbündete sich mit den protestantischen Inhabern der klevischen 
Lande und der Union. Schon war er im Begriff, zum Heere abzureisen, als 
er 1610 ermordet wurde. Damit endeten die großen Pläne Frankreichs, 
das sich nun begnügte, den Erzherzog Leopold aus Jülich zu vertreiben. 
d. Alsdann brach aber zwischen Wolfgang und Johann Sigismund Streit 
aus. Wolf gang vermählte sich mit der Schwester des Bayernherzogs, wurde 
Katholik und gewann die Hilfe der Liga, während Johann Sigismund zum 
Kalvinismus übertrat und den Beistand der Union fand. Trotzdem ver- 
glichen sich die streitenden Parteien, um einer erneuten Einmischung des Kaisers 
zu entgehen, im Vertrage von Xanten 1614 zu einer Teilung der Lande. 
e. „Natürlich aber führte diese Lösung . . . zu allem andern als zu 
einer Beruhigung Deutschlands." Union und Liga standen sich drohend gegen- 
über, und nur die Furcht vor den Folgen hielt den Ausbruch des Krieges 
noch zurück. „Andererseits suchte man sich, aus dem gleichen Gefühl 
heraus, für alle Fälle internationale Verstärkungen zu verschaffen." Der 
Führer der Union, Friedrich V. von der Pfalz, schloß 1612 einen Kriegs¬ 
vertrag mit seinem Schwiegervater Jakob I. von England und 1613 einen 
ebensolchen mit den Niederlanden ab und verhandelte auch mit dem Schweden- 
fönige Gustav Adolf. Die Liga dagegen knüpfte Verbindungen mit dem Papste, 
Savoyen und Spanien an. 
3. Auf dem Reichstage zu Regensburg 1613 gab der Kaiser seine 
unparteiische Stellung über den konfessionellen Parteien auf. 
a. Matthias (1612—1619), Rudolfs II. Bruder und Nachfolger, 
„war eine Wiener Natur im schlechteren Sinne, leutselig, heiter, liebenswürdig, 
auch von einer gewissen betriebsamen Arbeitslust, aber oberflächlich, darum in 
seinen Anschauungen unsicher und von anderer Absichten abhängend". (Lamprecht.) 
Der ehemalige „Protestantensresser" Melchior Klesl (vgl. § 69, III) riet jetzt 
dem Kaiser zu Zugeständnissen an die Protestanten, während die Erzherzöge 
von Versöhnung nichts wissen wollten und Matthias zum Eintritt in die Liga 
zu bewegen suchten. 
b. 1613 war auf Wunsch beider konfessionellen Parteien wieder ein 
Reichstag in Regensburg eröffnet worden, und es „begann nun das alte 
Spiel". Der Kaiser forderte Türkenhilfe, die Protestanten Abstellung ihrer 
Beschwerden. Matthias jedoch folgte Klesls verständigem Rate nicht und er- 
klärte, die Beschlüsse auch der katholischen Reichsstände allein seien 
rechtsgültig. Der Einfall der Türken aber machte ihn nachgiebiger; es 
wurden unter dem Vorsitze des maßvollen Erzherzogs Max Konferenzen 
zur Prüfung der protestantischen Beschwerden abgehalten. Bald jedoch änderte 
der Kaiser seine Stellung wieder und bestätigte keines der Zugeständnisse, 
welche Max den Protestanten gemacht hatte, worauf dieselben den Reichstag 
aufs neue durch ihre Abreise sprengten. Der Kaiser aber erklärte die durch 
die Katholiken erfolgte Bewilligung der Türkensteuer für rechtsgültig. „So 
stand der Kaiser nicht mehr über den Ständen. Er hatte das alte 
Recht zugunsten seines Bekenntnisses gebrochen; er war katholischer 
Parteigänger geworden, mochte er auch mit einer Ungültigkeitserklärung 
der protestantischen Union wie der katholischen Liga im Jahre 1614 einen 
ohnmächtigen Versuch machen, seine Unparteilichkeit formell zu wahren." 
(Lamprecht.)
	        
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