Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges (Teil 1)

Der Verfall des Merowingerreiches. 21 
gegen das Königtum. Die Großen verlassen Brnnhild und gehen zu deren 
Feinden über, „nicht aus Abscheu vor den Freveln dieser entsetzlichen Frau, 
sondern die Erbitterung des Adels gegen die gewaltige Vorkämpferin der könig- 
lichen Macht bewirkt deren Sturz". Chlotachar II. muß auf der Ver- 
sammlung zu Paris 614 die Beschlüsse der Großen gegen die Übergriffe 
des Königtums anerkennen. 
2. Die Ursachen des Verfalles des Merowingerreiches. 
a. Die sittliche Entartung des merowingischen Geschlechtes machte 
dieses untauglich für die Ausübung seiner Pflichten. „Die Könige, meist 
Knaben, verliehen auch sürderhiu Privilegien, sie empfingen Gesandte zu feier- 
lichem Gehör, sie saßen zu Gericht in festlichem Schmucke, sie suhren von 
Pfalz zu Pfalz im Genüsse fiskalischen Einkommens, aber sie regierten nicht." 
(Lamprecht.) So gingen die königlichen Machtbefugnisse in die Hände der 
hohen Hofbeamten über, unter denen der Hausmeier als Verwalter des 
gesamten Krongutes am mächtigsten wurde (Ebroin, Pippiniden). 
t). Die unaufhörlichen inneren Kriege untergruben nicht nur die 
Sittlichkeit, sondern auch die realen Machtgrundlagen des Königtums, 
e. Die Romanen wußten sich ihrer Steuerpflicht zu entziehen. 
Das Krongut der Könige wurde massenhaft verschleudert, um zu den 
Kriegen, die nicht vom Heerbanne geführt wurden, die Dienste der Großen 
zu erkaufen. Die Könige verliehen nicht nur Grund und Boden, sondern auch 
Immunitäten in großer Zahl. (Das Gebiet einer Immunität durfte von 
königlichen Beamten nicht betreten werden; der Inhaber zog alle königlichen 
Gefälle für sich ein; er war der Gerichtsherr und Führer des Heerbannes für 
sein Gebiet.) So entstanden im Staate zahlreiche kleinere Staaten, welche 
die Existenz des Gesamtreiches stets bedrohten. 
Dritter Abschnitt. 
Die Geschichte de§ ttarolingerreiches. 
§ 8. Das (Emporkommen des Geschlechts der Karolinger. 
I. Die Karolinger find als Inhaber des wichtigsten Staats- 
amtes (Hausmeiertum) zur Herrschaft im Frankenreiche gelangt, ehe sie 
dessen Könige wurden. Die große Bedeutung des Amtes der Hausmeier liegt 
darin, daß sie das Verfügungsrecht über die Krondomänen besaßen 
und die landgierigen Aristokraten also stets auf das Wohlwollen der Hans- 
meier angewiesen waren. 
II. Die ersten Karolinger, Pippin der Ältere (von Landen) uud 
Bischof Arnulf von Metz, führen die vormundschaftliche Regierung für 
Dagobert I., den Sohn Chlotachars II., zum Besten des Reiches. Dagobert 
wird trefflich erzogen, und die östlichen Feinde des Reiches, Awaren und 
Slawen, werden erfolgreich bekämpft. 
III. Die Macht der Hausmeier ist bereits so groß, daß Grimoald, der 
Sohn Pippins von Landen — wenn auch vergeblich — versucht, die Königs-
	        
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