Full text: Geschichtliche Bilder und Vorträge

nichts zu thun gehabt hatte und überhaupt mit derselben nichts zu 
thun hatte. Aber es lagen seit Juni 1869 bereits Bündnisverhand- 
lungeu zwischen Frankreich, Österreich und Italien vor zum Zwecke 
gemeinsamen Vorgehens gegen Preußen. Seit Februar 1870 hatte 
man d. h. die Herrscher von Frankreich, Österreich, Italien und einige 
in das Geheimnis eingeweihte Staatsmänner dieser Länder über 
einen gemeinsamen Feldzugsplan gegen Preußen verhandelt. Diese 
Verhandlungen hatten im Juni 1870 ihren Abschluß gefunden; 
manche offenkundige Thatsachen, manche bedeutsame Anzeichen lassen 
dies erschließen. Es fehlte den Franzosen nur noch ein Grund 
zum Kriege, auf den man sich schicklicherweise berufen durfte, um 
wenigstens den Anschein zu vermeiden, als wolle man wie Straßen- 
ränber aus dem Busch hervorbrechen und einen friedlichen Wan- 
derer überfallen. Da kam ihnen denn die spanische Königswahl ge- 
legen, die gerade gegen Ende Juli 1870 von der spanischen 
Volksvertretung vorgenommen werden sollte. 
Wäre es den Franzosen nur um die Verhinderung der Thron- 
Besteigung Leopolds zu thun gewesen, so hätten sie sich eben an die 
zunächst Beteiligten, an das spanische Volk und an den Prinzen 
Leopold wenden müssen. Das geschah indes nicht. Sie gaben 
einem Dritten, einem völlig Unbeteiligten die Schuld. Prinz Leopold 
wurde in ihren Augen plötzlich ein preußischer Prinz. Sie ver- 
gaßen dabei die Kleinigkeit, daß Leopold tatsächlich mit Kaiser 
Napoleon weit näher verwandt war, als mit dem Könige von 
Preußen. 
So mußte denn Benedetti seine verhängnisvolle Reise nach Ems 
antreten. In Ems erst wurden ihm zwei Befehle seines Ministers, 
des Herzogs von Gramont, übergeben — eine Depesche und ein 
Brief. Nach dieser Depesche sollte er es bei König Wilhelm zu er- 
reichen suchen, daß dieser dem Prinzen Leopold den Rat erteile, seine 
Zusage zurückzunehmen. Das klang nun ziemlich unverfänglich. 
Anderes aber forderte der Brief des Herrn Ministers. Da hieß es: 
„Wir wissen aus den Geständnissen des Prinzen selbst, daß er die 
ganze Sache mit der preußischen Regierung abgekartet hat." Das 
war nun eine handgreifliche Lüge! Denn erstlich hatte der Prinz 
keinem Franzosen Eröffnungen über seine Verhandlungen mit Spanien 
gemacht, und zweitens konnte er dieses Geständnis nicht gemacht 
haben, weil die behauptete Thatsache eben unwahr war. Es hieß 
weiter: „Sie müssen (bei dem Könige) durchaus eine bestimmte Ant- 
wort erzielen. Die einzige, die uns befriedigen und den Krieg ver- 
hüten könnte, wäre: Die Regierung des Königs mißbilligt die Zusage, 
welche der Prinz von Hohenzollern gegeben hat, und erteilt ihm
	        
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