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I. Die Gründung der Nationalstaaten und des Verfasfungslebens.
§ 27. Der böhmische Leldzug und der Friede zu Prag.
1. Der böhmische Feldzug. Infolge der gewissenhaften Friedens-
Borzüge und bestrebuugen des Königs hatte Preußen den Vorsprung seiner Mobili-
^preußischen^ siernng verloren. Aber es blieb seinem Heere der Vorzug der inneren
Armee- Einheit, der gründlicheren Durchbildung, des tüchtigeren Offiziercorps,
des Zündnadelgewehrs, mit dem der Soldat dreimal so schnell schoß
wie der österreichische mit seinem Vorderlader, und der genialen Leitung.
Es wurden außer der Elbarmee zwei große Heere aufgestellt, das
erste an 110000 M. stark, unter dem thatkräftigen Prinzen Friedrich
Karl bei Görlitz; ihm wurde beim Einrücken in Böhmen auch die Elb-
armee unterstellt. Das zweite, das des Kronprinzen Friedrich Wilhelm
(Generalstabschef v.Blumenthal), sammelte sich bei Neisse, etwa 150000
Mann. Es sollte auf drei Wegen zwischen dem Riesengebirge und dem
Glatzer Bergland in Böhmen eindringen. Als Vereinigungspunkt war
den drei Heeren Gitschin (nw. v. Königgrätz) bezeichnet. Ein so kühner
Feldzugsplan konnte nur im Vertrauen auf die außerordentliche Tüchtig-
keit der Truppen entworfen werden. Die Oberleitung blieb bis zum 29.
in Berlin, von wo der König mit Moltke am 30. zum Heere abreiste.
Die österrei Der österreichische Oberbefehlshaber Benedek war ein tapferer Corps-
chische Armee- ^f)rer und ein Charakter, der die größte Selbstverleugnung bewiesen
hat, aber er besaß keine wirklichen Feldherrngaben; er hatte im Gefühl
seiner Unzulänglichkeit nur ungern den Oberbefehl über die österreichische
Nordarmee (ohne die Sachsen etwa 240000 M.), die sich bei Olmütz
sammelte, übernommen. Von Olmütz rückte er nach Josephstadt *),
vermied es wohlweislich sich in den Pässen der Gebirge festzusetzen
und warf seine Corps den heranrückenden Feinden entgegen. Aber
Gefechte bei nach den siegreichen Gefechten bei Podol, Hühnerwasser und München-
^wasier^und^ 9r^ (s. v. Reichenberg) vereinigten sich die Elbarmee und die erste
Münchengrätz Armee und besiegten die Österreicher unter Clam-Gallas und die Sachsen
26'~i8663unt bei Gitschin (nw. v. Königgrätz). Unterdessen arbeitete sich die zweite
Sieg Armee unter gewaltigen Kämpfen demselben Ziele zu. Zwar wurde
29.esSi866. Bonin mit dem 1. Corps von Gablenz, der bei Trauten au (n. v.
Niederlage Königgrätz) unvermutet in seine linke Flanke stieß, zurückgeworfen, aber
27dan demselben Tage besiegte der eiserne Steinmetz, ein Veteran aus
Sieg: den Freiheitskriegen, den Gen. Ramming bei Nachod (nö. v. König-
*27.lütt grätz) und am 28. den Erzherzog Leopold bei Skalitz, während das
bei Skalitz
28. Juni, i) Sein Feldzugsplan, der auf die Verteidigung des nordöstlichen Böhmens
gerichtet war, stand im inneren Widerspruch mit der im österreichischen Heere.aus-
gebildeten „Sturm- und Stoßtaktik", mit der man durch das Bajonett die Uber-
legenheit des Zündnadelgewehrs auszugleichen hoffte. Vgl. H. Friedjung, Der
Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland. Stuttgart, Cotta 1897, I,
310 ff.