Full text: Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

142 Das Mittelalter. 
und brachten Abwechslung. Groß war der Ruhm der deutschen Bürger 
Die deutschen auf dem Gebiete der Gewerbe. Sie galten als die besten Bergleute 
Gewerbe. Waffen- und Goldschmiede; deutsche Metallwaren, Tuche, Linnen, gefärbte 
Stoffe, Drahtwaren und Biere hatten einen guten Ruf (vgl. Taf. XII u. XVI). 
Noch immer blühte der Meistergesang. Fleißige Hände schrieben mit liebe- 
voller Hingebung die „Chronik" der Stadt oder der Landschaft, großartige 
Erfindungen und Verbesserungen wurden erdacht, Wissenschaft und Kunst 
gefördert. Aber die Reichtümer, die einzelne Kaufherren, z. B. die Fugger 
und Welser in Augsburg, aufhäuften, und die „Ringe" und „Monopole", 
die sie, in Handelsgesellschaften verbunden, zur Erzielung eines möglichst 
hohen Preises für ihre Waren bildeten, schufen vielen Neid und üble Nach- 
rede. Es kam zu oft furchtbaren Erhebungen der unteren Schichten gegen 
die Besitzenden und deren Vertreter, den Rat. Ströme Blutes wurden in 
Erfurt zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der „tollen Woche" vergossen. 
Niedergang des b. Die Bauernschaft. Seit den Tagen der Staufer war es mit dem 
Bauernstandes. sgQuern sehr bergab gegangen. Die Ursachen der Verschlimmerung seines 
Uif°chen. Loses lagen außer in den vielen Fehden darin, daß für den Überschuß 
der ländlichen Bevölkerung kein Aufnahmegebiet mehr vorhanden war; denn 
wie die Rodungen innerhalb des schon zusammengeschwundenen Wald- 
landes aufhörten, so verschlossen sich die Städte gegen weiteren Zuzug vom 
Lande her, und die östlichen Ansiedelungsgebiete waren bereits besetzt. So 
wurde häufig die Hufe zerschlagen, und dennoch mußten noch sehr viele 
jüngere Söhne Tagelöhner werden. Statt bei dem Rückgange des Wohl- 
standes, den eine solche Bodenzersplitterung und die auf die Landwirtschaft 
drückende Geldwirtschaft veranlaßten, seitens des Grundherrn Rücksichtnahme 
zu finden, war dieser auf nichts eifriger bedacht, als die Fronen und Abgaben 
zu steigern, den Gemeindewald und möglichst viele Bauernhöfe in seinen 
Besitz zu bringen und die Hintersassen völlig in seine Gewalt zu bekommen. 
Einen mächtigen Verbündeten gewann er hierbei an den Gelehrten des 
Das römische römischen Rechts, das im 15. Jahrhundert in Deutschland aufgenommen 
9ted^t wurde. Diese fanden die deutschen Rechtsverhältnisse im Corpus juris nicht 
vor. Indem sie nun die ländlichen Verhältnisse der römischen Kaiserzeit 
irrigerweise auf die damalige bäuerliche Bevölkerung Deutschlands anwandten, 
erklärten die Juristen — dem Grundherrn zur Genugthuung — das Unter¬ 
eigentum des Hörigen für Zeitpachtung, die Stellung der Hintersassen für 
Leibeigenschaft, die „gemeine Mark" für Eigentum des Grundherrn. Nun 
wurden die Bauern verdrängt, die Bauernhöfe zur Abruuduug des Herren- 
gutes „gelegt", Fronen und Zinse beliebig gesteigert, und das Nutzungs- 
recht der Bauern an der im Gemeindebesitz gebliebenen Dorfflur (Wald, 
Verschuldung. Wiese, Wasser, Luft) beseitigt. Um das Maß voll zu machen, wurde der 
größte Teil der seitens der neuen Landesfürstentümer erhobenen und ver- 
Stimmung, mehrten „Beden" auf die Schultern der Bauern gelegt. Die anßerordent- 
lichen Ansprüche, die so an sie gestellt wurden, hatten eine starke Ver- 
schuldung zur Folge; sie mußten nun auch hohe „Renten" an den städtischen 
Kapitalbesitzer zahlen. Tiefe Verbitterung bemächtigte sich des Bauernstandes. 
Darum fand der Pfeifer von Niklashansen und der „Bundschuh" 
(int Elsaß) zahlreiche Anhänger, und Aufstände erfolgten.
	        
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