Full text: Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden (Teil 1)

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Das Mittelalter. 
„Bafallität". 
„Ergebung". 
Freigebiete 
des Landadels 
und der Kirche. 
Gesahr für den 
Staat 
und die freien 
Hintersasien. 
Landbau. 
Erweiterte 
Eigentumsrechte. 
Hufe und Mark. 
Dreifelderwirt- 
schaft. 
Wenig Handwerk 
und Handel. " 
Volksgericht. 
Pfalzgraf. 
sich freiwillig in den Schutz (munt) eines Herrn, dem sie Treue gelobten 
und Dienste verschiedener Art leisteten; später folgten sie ihm bewaffnet in 
den Krieg (Dienstmannen, Vasallen). — Schon kam es vor, daß Freie, um 
sich Schutz gegen übermächtige Bedränger zu verschaffen oder der Last des 
Kriegsdienstes ledig zu werden, ihr Eigentum der Kirche oder einem Grund- 
Herrn übergaben und als erbliches Zinsgut zurückerhielten. 
Kirche wie Landadel bemühten sich mit Erfolg, für ihren Grundbesitz 
das Vorrecht der Abgabenfreiheit und Selbstverwaltung zu er- 
werben („Immunität") und schufen für ihre freien Hintersaffen (Pächter 
und freiwillig Ergebene), ihre Hörigen und Knechte eigenes Gericht und 
eigene Verwaltung, über die sie Vögte setzten. Im Kriege bildeten die 
Dienstmannen (Vasallen), ein Teil der Hörigen und die im persönlichen 
Dienst verwandten Knechte das berittene Gefolge, das schließlich dem Worte 
seines Herrn gegen jedermann Nachdruck zu geben bereit war. So wurde 
der Staat der Franken durch eine große Anzahl kleiner Staaten durchlöchert, 
in denen durch ihre freiwillige Lösung vom Staatsverband die freien Hinter- 
fassen immer tiefer herabsanken. 
c. Wirtschaftlich. Landbau und Viehzucht waren die fast ausschließlichen 
Erwerbszweige. (Vgl. die Abbildungen Feldbestellung und Getreideernte 
Taf. V.) Die Zunahme der freien Bevölkerung veranlaßte in den östlichen 
Gebieten neue Rodungen, im Westen weitergehende Erbteilung und Ein- 
gehen von Landleiheverhältnissen. Mittlerweile waren die Germanen völlig 
seßhaft geworden. Der Anteil an der Dorfflur galt, einige Beschränkungen 
abgerechnet, als persönliches Eigentum. Er umfaßte gemeiniglich gegen 7 ha 
und bildete mit Wohnhaus, Scheuern und Stallung die Hufe. Die ge¬ 
meine Mark (Allmende), Weide, Gewässer und Wald, blieb Gesamteigen 
der Gemeinde und stand allen Dorfgenoffen zur Nutznießung offen. Im 
9. Jahrhundert ist die Feldgraswirtschaft von der Dreifelderwirt- 
schuft1) verdrängt. Alles, wessen man zum Leben bedurfte, stellte, wenn 
irgend möglich, jede Hausgemeinschaft selbst her. Das Handwerk, das von 
Unfreien in den Städten betrieben wurde, konnte daher nicht besonders ge- 
deihen, ebensowenig der Handel. 
d. Gerichtswesen. Für die freie Bevölkerung bestanden zwei Gerichte, 
das ordentliche oder das Volksgericht und das Hofgericht des Königs. 
Den Sprengel des Volksgerichts bildete die Hundertschaft, eine Unterabteilung 
des Gaues. Den Vorsitz führte der Graf. Sieben wegen ihrer Gesetzeskenntnis 
besonders angesehene Leute fanden mit ihm zusammen das Urteil. Traten 
demselben die auf dem „Malberg" versammelten Freien des Bezirks, 
„der Umstand", bei, so erlangte es Rechtskraft und wurde vom Grafen 
vollstreckt. Das Königsgericht, vor welches jede Sache gebracht werden 
konnte, Amtsvergehen, Rechtsverweigerung, Verhängung von Todesstrafen 
über Freie und der Reichsacht gebracht werden mußten, ward vom Könige 
oder vom Pfalzgrafen, seinem Vertreter, geleitet. In sehr vielen Fällen 
1) Nach der Dreifelderwirtschaft wurde das Ackerland in drei Teile zerlegt; ein 
jeder wurde das erste Jahr mit Winterkorn, das folgende mit Sommerkorn bestellt 
und lag im dritten Jahre brach.
	        
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