Full text: Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden (Teil 1)

48 Das Mittelalter. 
§ 13. Versuch zur Herstellung des Einheitsstaates. 
Otta I. der Große (936—973). 
Wahl Ottos. So bedeutend waren bereits Macht und Ansehen des sächsischen 
Hauses, daß Heinrichs zweiter Sohn Otto1) widerspruchslos zu Aachen 
auf den Thron erhoben wurde, und beim Königsmahl die Herzöge, der 
Lothringer als Kämmerer, der Bayer als Marschall, der Franke als 
Trnchseß und der Schwabe als Mundschenk, Ehrendienst leisteten. Im 
Gegensatz zu seinem Vater ließ er sich salben und krönen. 
Ottos Eigenart. Fast 24 Jahre alt, trat Otto die Herrschaft an. Aber von Anfang 
an zeigte er die größte Einsicht, Selbständigkeit und geschickteste Handhabung 
der Staatsgeschäfte. Stellte sich die Notwendigkeit eines Wechsels in der 
Politik heraus, so wußte er einen besseren Weg zu finden und ihn sofort 
mit Entschlossenheit und vollendeter Sicherheit einzuschlagen. Von eisernem 
Willen, setzte er seine ganze gewaltige Kraft an jede Aufgabe, verfolgte 
er zielbewußt und folgerichtig seine Bahn. Seine feste Zuversicht auf Gott, 
das Bewußtsein seiner Stärke und das Glück, das solche Männer zu unter- 
stützen pflegt, gaben ihm hohes Selbstvertrauen, das ihn auch in schweren 
Zeiten unerschütterlich machte. Sein Jugendunterricht war dürftig gewesen; 
aber wie Karl d. Gr. suchte er seine Kenntnisse zu vermehren. Ein kern- 
deutscher Mann, hielt er fest an heimischer Sprache und Sitte. 
Seine Ziele. Sein Ziel war die Herstellung einer wirklichen Königsgewalt und 
Fortbildung des deutschen Staatenbundes zu einem Einheitsstaat. 
1. Der Kampf mit dem Herzogtum. Als die Herzöge erkannten, 
daß Otto weit davon entfernt sei, ihre unter seinem Vater unangetastet 
Aufstände, gebliebene Stellung anzuerkennen, erregten sie Aufstände, wobei sie des 
Königs Brüder Thaukmar und Heinrich zu Werkzeugen ihrer Sonder- 
Eberhard von bestrebnngen machten. Zuerst verweigerte Eberhard, der Erbe Arnulfs 
Bayern. 0Dn Bayern, die Huldigung. Art seiner Statt erhielt darum Berthold 
Thankmar. von Kärnten das Herzogtum. Sodann empörten sich Thankmar und 
Eberhard von der Frauke Eberhard. Thankmar wurde bei der Eroberung der Eres- 
Franken. {,urg getötet. Nachdem sich Eberhard vorübergehend unterworfen hatte, 
Heinrich, griff er zusammen mit Ottos jüngerem Bruder Heinrich, der selbst nach 
der Krone trachtete, von neuem zu den Waffen. Ihnen schloß sich 
Giselbert. Giselbert von Lothringen an. Nach längerem Kampfe errangen die 
Ottos Sieg 939. Königlichen einen entscheidenden Sieg bei Andernach, wo Eberhard fiel 
und Giselbert im Rhein ertrank. Heinrich erhielt Verzeihung, zettelte 
aber dennoch eine Verschwörung zur Ermordung seines Bruders au. 
Er wurde gefangen gesetzt. Er entwich aus der Haft und wurde, als 
er sich während des Weihnachtsgottesdienstes Otto zu Füßen warf, be- 
gnadigt (941). 
1) Thankmar, der älteste Sohn Heinrichs, stammte aus der Ehe mit Hathe- 
bürg, die von der Kirche nachträglich gelöst wurde, weil Hatheburg nach dem Tode 
ihres ersten Gatten ins Kloster getreten war.
	        
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