152 Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart. § 234.
§ 234. Kaiser Friedrich III.1)
Dem Helden im Kriege und Fürsten des Friedens folgte der
Dulder auf dem Throne, Kaifer Friedrich III. Nur 99 Tage
währte die Regierung des edlen Fürsten) allein diese kurze Zeit hat
zur Genüge erkennen lassen, was das Deutsche Reich an ihm der-
loren hat.
1. Lebensschicksale^). Geboren am 18. Oktober 1831, stand er bei
seinen: Regierungsantritt im 57. Jahre seines Lebens. Auf der Uni-
versität Bonn erhielt er seine wissenschaftliche Bildung; seinen
Gesichtskreis erweiterte er aus Reiseu nach Italien, der Schweiz,
Tirol, Frankreich, Spanien, England und Palästina. Mit der
Staatsverwaltung machte er sich durch Arbeiten in den einzelnen
Ministerien bekannt. Schon als Student hatte er jedes Jahr die
großen Herbstmanöver mitgemacht und sich an der Seite seines Vaters
und der erprobten Generale desselben zum Feldherr:: ausgebildet. Was
er hier gelernt, hat er in den Kriegen gegen Österreich und Frankreich
verwertet. Seine Armee siegte 1866 bei Nachod, Skalitz, Schwein-
schädel, Soor, Königinhof und rettete den Sieg bei Königgrätz/ 1870
siegte er bei Weißenburg und Wörth, nahm dann hervorragenden An-
teil an den Kämpfen um Sedau und an der Belagerung von ParisA
Zum Dank sür die glänzenden Kriegstaten wurde er von seinem Vater
zum Feldmarschall ernannt. Diese höchste militärische Würde war
bis dahin noch keinem preußischen Prinzen verliehen worden. Wegen
seiner großeu Beliebtheit bei den Süddeutschen war ihm gerade
der Oberbefehl über die süddeutschen Truppen anvertraut worden.
2. Friedrich III., ein Förderer der Kunst und Wissenschaft 3). Kaiser-
Friedrich war eiu Freund der Musen. Die Liebe zur Kunst und
Wissenschaft hatte sein von ihm hochverehrter Lehrer Curtius in
seine empfängliche Seele gepflanzt. Die reichen künstlerischen An-
regungen, die das kronprinzliche Paar 1867 auf der Pariser und 1873
auf der Wiener Weltausstellung erhalten hatte, wirkten besonders auf
das kunstgewerbliche Schassen der Reichshauptstadt belebend ein.
1) Müller-Bohu, H.: Unser Fritz, Deutscher Kaiser und König von Preußen.
Eiu Lebensbild. 6. Aufl. Berlin 1896 und Pofchiuger, M. v.: Kaiser Fried-
richs Tagebücher über die ^Kriege 1866 und 1870/71, sowie über seine Reisen nach
dem Morgenlande und uctch Spanien. 2. Aufl. Berlin 1902.
2) Erg. zum Sem.-Lesebuche S. 131.
3) Am 18. Oktober 1904 wurde in feierlicher Weise das Nationaldenkmal
für Kaiser Friedrich in Berlin enthüllt und gleichzeitig das Kaiser-Friedrich-
Museum in Gegenwart des Kaifers eröffnet. Denkmal und Museum rufen aufs
neue das Bild des über alles geliebten Herrschers vor die Seele, hell leuchtend, wie
es sich in den Tagen frischer Kraft dem Volke darstellte. (Worte des Kultusministers
bei der Einweihung.) Der Bau des Museums ist im Sinne Kaiser Friedrichs aus-
geführt.