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vom Himmel ihnen Kraft verleiht, schlagen sie dieselben mit dem Schwerte
bis zur Vernichtung und strecken sie so danieder, daß aus der unzählbaren
Menge kaum jemand übrig blieb, um der Flotte die Unglücksbotschast zu
überbringen.
Nach dem Sieg an der Dyle rüstete Arnulf zum Kampfe gegen Swatopluk, der
sich auch Böhmens bemächtigt hatte. Zu feinem Beistande rief Arnulf dre Magyaren
oder Ungarn, ein wildes Reitervolk finnischer Abkunft, aus ihren Wohnsitzen zwischen
Donau und Karpaten herbei, die bald eine Geisel der deutschen Länder werden zollten.
Mit ihrer Hülfe unterwarf Arnulf den Swatopluk gänzlich. — Nach Italien
wurde Arnulf vom Papste zweimal gegen Guido von Spoleto zu Hülfe gerufen.
Auf dem zweiten Zuge (895) befreite er Rom und erhielt vom Papste die Kaiserkrone.
Er kehrte aber krank aus Italien zurück und starb bald darauf, ungewiß ob an Krankheit
oder Gift, nachdem er zuvor seinem unmündigen Sohne Ludwig die Nachfolge ge-
sichert hatte.
Ludwig das Kind. (899—911.) Für den bei feiner Thronbesteigung erst 899-911.
siebenjährigen Ludwig regierten der kluge Erzbischof Hatto von Mainz (Sage vom
Mäusethurm bei Bingen) und der edle Herzog Otto der Erlauchte von Sachsen.
Unter inneren und äußeren Kämpfen wußten einzelne Große immer mehr Macht an
sich zu bringen, und es bildeten sich folgende fünf Herzogthümer: 1. Sachsen
(Otto der Erlauchte), 2. Bayern (Luitpold, Arnulf), 3. Franken (Streit der Babenberger
mit den Konradinern; Herzog Konrad), 4. Schwaben (Burkhard), 5. Lothringen
(Reginar). — Die Ungarn wagten wiederholt verheerende Züge durch Deutschland:
908 nach Sachsen, in den beiden nächsten Jahren nach Schwaben. ^ ^m Jahre
910 zog König Ludwig selber mit einem Heer gegen sie, wurde aber geschlagen und
mußte seine Rettung in der Flucht suchen. Ein Jahr daraus starb er noch nicht
zwanzig Jahr alt; mit ihm erlosch das Geschlecht Karl's des Großen in Deutschland.
Das Land war in traurigen Verhältnissen; deshalb erinnerte der Bischof Salomo von
Konstanz in einem Gedichte an den Spruch: „Wehe dem Lande, deß König ein Kind ist.
Während der schwachen Regierung der Karolinger hatte das Lehns Wesen sich
bedeutend entwickelt und große staatliche Veränderungen verursacht. Die von Karl dem
Großen abgeschafften Herzöge waren allmählich wieder aufgekommen. Die^e hatten
mehrere Grafschaften in einer Hand vereinigt, dieselben mit kräftiger Hand geschützt
und sich dann den uralten Namen Herzog beigelegt. Rechtlich blieben sie Oberstatt-
Halter des Königs, der sie mit der Ausübung der Militärgewalt, mit der peinlichen
Gerichtsbarkeit und den mit dem herzoglichen Amte verbundenen Gütern und Beneficien
belehnte. — Die alte Gauverfafsung des Reiches hatte sich.mit dem Wiederaufkommen
der Herzogthümer aufgelöst; nichtsdestoweniger blieben aber von den Herzögen unab-
hängige Landestheile bestehen, die im allgemeinen unter dem Namen Grafschaften
begriffen wurden. Diesen waren Reichsbeamte, Grafen, vorgesetzt, die vom Könige
für ihre Grasschaft mit Hoheitsrechten beliehen wurden. Nach der Bedeutung derselben
unterschied man Markgrafen und Reichsgrafen (Landgrafen, Burggrafen).
Aus den Besitzern dieser hohen Reichsämter bildeten sich bald die Reichsstände, die
als Vertreter ihrer Amtsbezirke vom Könige zu den Reichstagen berufen wurden. — Zu
den Reichsständen zählten auch die höheren Geistlichen, weil ihnen oft vom Könige