Full text: Lehrbuch der deutschen Geschichte für Seminare und höhere Lehranstalten

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Einige behaupten, die Bezeichnung Germanien sei neu und vor 
kurzem erst dem Lande beigelegt, weil die, welche zuerst den Rhein über- 
schritten und die Gallier zurückdrängten, jetzt Tungrer genannt, damals 
Germanen hießen. Was so eines Stammes, nicht des Volkes Name 
war, sei allmählich zu größerer Geltung auf dem Wege gelangt, daß zuerst 
der Sieger, um ftch furchtbarer zu machen, bald das Volk selbst den er- 
fundenen Gesammtnamen Germanen brauchte. 
Ich trete der Ansicht derer bei, die der Meinung sind, daß Germaniens 
Völkerschaften nicht durch Verehelichung mit fremden Völkern entartet, als 
eigenthümliches, unvermifchtes, nur sich selbst ähnliches Volk bestanden 
haben; daher auch, trotz der großen Menschenmenge, bei allen derselbe 
Körperbau: trotzige blaue Augen, röthliches Haar, große 
Leiber, doch nur zum Anstürmen kräftig. Gegen Anstrengung und 
Arbeit zeigen sie nicht die gleiche Ausdauer, und am wenigsten, wenn es 
gilt, Durst und Hitze zu ertragen. An Kälte und Hunger hat Himmel 
und Boden sie gewöhnt. — So oft sie nicht zum Kriege ausziehen, wenden 
sie nicht viel Zeit aus die Jagd, mehr auf Ruhe, ganz dem Schlafe und 
dem Essen hingegeben. Die Tapfersten und Kampflustigsten wetteifern im 
Nichtsthun; die Sorge für Haus, Herd und Land wird den Weibern und 
den Schwächlichsten der Familie übertragen, sie selbst rühren sich nicht. 
A. Die Völker stamme des eigentlichen Germaniens. 
I. Die Jstävonen auf dem rechten User des Mittel- und Niederrheins (von 
Mainz bis zur Mündung der $ffel); die Usipeter (nördlich bis zum UM-Kanal); die 
T e n ch t e r e r (Köln gegenüber), die Sigambrer (südlich von der Ruhr), die Marsen 
(an der obern Ems), die Bructerer (zu beiden Seiten der Lippe bis zur Ems). 
II. Die Jngävonen (Küstenbewohner) an den Küsten der Nordsee bis Jütland: 
Die Friesen (von der östlichen Mündung des Rheins bis zur Ems und auf den 
Inseln an dieser Küste), die Amsivarier (zu beiden Seiten der Ems), die CHauken 
(von der Mündung der Ems bis zur Mündung der Elbe), die Saxonen (im heutigen 
Holstein). 
III. Die Hermionen südlich von den Jngävonen und östlich von den Jstävonen: 
die Ch erusker (vom Teutoburger Walde bis zur Elbe und Saale), die Chatten 
(südlich von den Cheruskern bis zur Vereinigung des Rheins und Mains). 
B. Die Sueven. 
Die Sueven hatten im Osten von den Gestaden des baltischen Meeres bis zu 
den Karpathen ihre unbekannten Wohnsitze. Sie schieden sich in drei Gruppen: die 
eigentlichen Sueven im Südwesten, die Vandalen im Norden, die Lygier im 
Südosten. Zu den eigentlichen Sueven gehörten die Hermunduren (Thüringen) und 
Markomannen (Fichtelgebirge), die Quaden, die Semnonen (zwischen Elbe 
und Oder), die Lo ngobar den (an der untern Elbe), die Burgund ionen (zwischen 
Oder und Weichsel), die Rügtet (nördlich von den Burgundionen), die Gothonen 
(jenseits der untern Jßeichjel).
	        
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