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fommen auf einen Sitz als Männer, um die man sich nicht weiter
kümmern sollte, fondern die sich selbst um die Wahl eines andern kümmerten.
Darauf wurden, als die vorgenannten gesprochen hatten, die Fürsten er-
mahnt, in gemeinsamem Rath sorglich den Mann zu suchen, den sifr mit
Gott und zur Ehre der Kirche dem Reiche vorsetzen könnten. Da plötzlich
wurde von vielen Laien der Ruf erhoben: „Lothar fei König!" Sie
ergreifen den Lothar, sie fetzen ihn auf ihre Schulter und heben ihn in
die Höhe, während er sich gegen den Königsruf sträubt und widerfpricht.
Viele Fürsten aber, zumal die Bischöfe des Bayerlandes, zürnten, daß
das große Werk rathlos und im Tumult geschehe; sie riefen mit gerechtem
Unwillen, daß sie von ihren Sitzen gedrängt wären, und schickten sich
zornig an, die andern zu verlassen und vor gethanem Werk gänzlich aus
der Versammlung zu scheiden. Der Mainzer aber mit einigen andern
Fürsten besaht die Thür zu besetzen, daß niemand aus- oder eingehe, weil
die einen im Innern ihren König schreiend herumtrugen, andere von außen
mit lautem Geschrei andrangen, den König auszurufen, den sie noch nicht
kannten. Schon wurde der Zwist unter den Fürsten so arg, daß auch
Lothar heftig über den Angriff auf sich zürnte und Sühne verlangte, und
daß die Bischöfe erbittert über ihre Bedrängnis ausbrechen wollten. Da
beruhigten der Cardinal und die übrigen Fürsten von besserer Einsicht
endlich den Ausstand mühsam durch Stimme und Hand und bewirkten,
daß alle zu ihren Sitzen und zur Berathung zurückkehrten. Der Herr
Cardinal, durch die Gnade des Herrn erleuchtet, nahm die Bischöse bei
Seite, legte ernsthast die Schuld der Trennung auf ihre Häupter und
machte sie verantwortlich für Raub, Blutvergießen und Brand und alles
Leiden, das aus dieser Trennung kommen werde, wenn sie nicht selbst sich
zu Friede und Eintracht zurückwendeten und durch ihre Belehrung andere,
welche weniger verständig wären, zurückführten. Endlich wurde möglich zu
sprechen; da redeten der Erzbischos von Salzburg und der Bischof von
Regensburg ehrbar für sich und die Ehre des Reiches, sie mühten sich,
die Parteien zur Eintracht zu bringen, und erklärten, ohne den Herzog
von Bayern, der abwesend war, nicht über die Königswürde beschließen
zu wollen. Außerdem forderten sie wegen der unbesonnenen Heftigkeit des
Angriffes, die sowohl ihnen selbst als dem ergriffenen Herzog schwere Ver-
letzung der Hoheit sei, geziemende Sühne von den Fürsten. So geschah es, daß
diejenigen, welche durch ihre Voreiligkeit den Zwiespalt verschuldet hatten, sich
zu gebührender Genugthung demüthigten und darauf Verzeihung erhielten.
Es wurde also der Bayernherzog herbeigeholt, die Gnade des heiligen
Geistes einte aller Sinn aus einen und denselben Willen, und König