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St. Peterskirche in Rom dienen sollte. Der Erzbischof Albrecht von Mainz
und Magdeburg übernahm die Generalpacht für seine Erzbistümer und
übertrug dem Dominikanermönch Johann Tetzel den Verkauf. Dieser
betrieb den Ablaßhandel in wahrhaft schamloser Weise. Als er auch in
der Nähe Wittenbergs sein Wesen trieb, liefen auch von Wittenberg aus
die Leute scharenweise dahin, um sich Ablaß zu holen. Dies griff Luther
ans Herz. Er predigte gegen den Ablaß und bat in eindringlichen Briefen
die benachbarten Bischöfe, wider den Unfug einzuschreitend) „Da aber diese
nicht wehren wollten," hielt er es für geraten, über den Ablaß öffentlich
zu disputieren, bis die Kirche entschiede. Er schlug daher nach damaliger
Sitte am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg isi?
95 Sätze (Thesen) über die Bedeutung und gegen den Mißbrauch
des Ablaß* und erbot sich, sie gegen jedermann zu verteidigen.
Ehe vierzehn Tage vergingen, waren Luthers Sätze „das ganze
Deutschland und in vier Wochen schier die ganze Christenheit durchlaufen,
als wären die Engel selbst Botenläufer und trügen's vor der Menschen
Augen." Mancher deutsche Mann freute sich über den Mut Luthers, der
so etwas öffentlich zu sagen wagte. Tetzel ließ Gegensätze wider Luther
schreiben, und auch andere Dominikaner griffen Luther in Schriften an.
2. Luther und Cajetan und von Miltitz 1518. Der Papst kümmerte
sich anfangs nicht sonderlich um den Streit, den er für ein Mönchsgezänk
hielt. Als Luther sich aber gegen alle Angriffe furchtlos und unerschrocken
verteidigte und den Papst geradezu beschuldigte, er sei der Antichrist, wenn
er nicht dagegen einschreite, wurde er vor ein päpstliches Gericht nach Rom
geladen. Durch Vermittelung seines Kurfürsten, der den beliebten Luther
nicht nach Rom ziehen lassen wollte, hatte er dann aber im Jahre 1518 isis
mit dem päpstlichen Gesandten (Legaten) Cajetan eine Unterredung auf
dem Reichstage zu Augsburg. Der hochmütige Kardinal forderte von ihm,
daß er in sich gehen und seine Irrtümer widerrufen solle. Luther ver¬
teidigte sich aber so beharrlich, daß ihn Cajetan im höchsten Zorn mit den
Worten entließ: „Geh und komme mir nicht wieder unter die Augen, es
sei denn, daß du widerrufest." So ging Luther von dem Kardinal hin-
weg, appellierte aber „von dem schlecht unterrichteten Papst an den besser
zu unterrichtenden" und verließ, weil seine Freunde um seine Sicherheit
besorgt waren, heimlich die Stadt Augsburg.
Nun beauftragte der Papst seinen Kammernherrn von Miltitz, einen
sächsischen Edelmann, mit der Beilegung der Sache. So rücksichtslos und
*) Ein Brief Luthers über die Veranlassung des Ablaßstreites.
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