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in den Augen vieler der kirchlichen Reformation einen Makel auf, und an
mehr als einer Stelle wurde gleichzeitig mit dem Aufruhr auch die lutherische
Lehre unterdrückt, so in Würzburg und Bamberg und in anderen Gebieten
Oberdeutschlands. Doch hatte in Norddeutschland die lutherische Sache
mächtige Verfechter in der Person vieler Fürsten, die sich durch den Bauern-
ausruhr nicht beirren und neben Luther die Weiterführung des Reformations-
Werkes sich angelegen sein ließen. So Johann der Beständige (1525 bis
1532) von Sachsen und der jugendlich feurige Landgraf Philipp von
Hessen. Johann der Beständige ließ nach Luthers Rat und Ordnung die
sächsische Landeskirche einrichten (1526), und nach dem Vorbilde der
Kirchenreform in Sachsen wurde in allen Landesteilen, wo die Reformation
Aufnahme fand, das Klosterwesen und der Cölibat aufgehoben, der Gottes-
dienst in der Landessprache gehalten, die Bibel in der Volkssprache verbreitet,
das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht und der christliche Unterricht
der Jugend und des Volkes sorgfältig getrieben. Die Ordnung des Kirchen-
jahres mit seinen Festen wurde beibehalten, nur die Heiligenfeste verschwanden
allmählich ganz, die Liturgie schloß sich an die Messe an, und die Predigt
des göttlichen Wortes trat in den Mittelpunkt. Neben Philipp Melanchthon
wirkten rastlos mit Luther der feurige Nikolaus von Amsdorf, der
beredte Justus Jonas und der milde, zur Kirchenregierung besonders
geschickte wittenbergische Pfarrer Johann Bugenhagen. Als die sächsische
Kirchenvisitation von 1527—29 eine große Unwissenheit der Gemeinde
und ihrer Prediger und Lehrer enthüllte, schrieb Luther für die christliche
Unterweisung im' Haufe wie in Schule und Kirche seinen großen und
kleinen Katechismus (1529). Der kleine Katechismus hat neben der
lutherischen Bibel und dem auch von Luther ins Leben gerufenen deutschen
Kirchenlieds das meiste für die Begründung und Festigung der lutherischen
Kirche getan. Viel erhoffte Luther auch für seine Sache von einem guten
Jugendunterricht. Deshalb forderte er von den Stadtobrigkeiten in
seiner Schrift „an die Bürgermeister und Ratsherren aller Städte
Deutschlands, daß sie christliche Schulen ausrichten und halten" sollten
(1524). Um die Schriftwidrigkeit des Cölibats durch sein eigenes Beispiel
zu erweisen, hatte er sich i. I. 1525 mit Katharina von Bora ver-
mahlt und gab nun in seinem Hause das Vorbild eines gemütvollen,
deutschevangelischen Familienlebens.
Neben den Landesherren von Sachsen und Hessen zählten zu den
ersten Fürsten, die zum Luthertum übertraten, der deutsche Ordensmeister
Albrecht von Brandenburg, der mit Einführung der Reformation
das deutsche Ordensland zum erblichen Herzogtum Preußen umgestaltete
Heinze-Rosenbnrg, Die Geschichte. II. 2. Aufl. 13