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und Karl sich und ihre Heere durch feierliche Eidschwüre zu Straßburg,*
einander im Kampf gegen den älteren Bruder nicht im Stiche zu lassen.
Da Lothar beiden Brüdern zusammen sich nicht gewachsen fühlte und
ihren Bund nicht zu sprengen vermochte, gab er endlich nach und führte
nach längeren Verhandlungen eine Einigung über die Teilung des Reiches
herbei. Dieser Friede und Teilungsvertrag wurde im Jahre 843 von 843
den drei Brüdern zu Verdun abgeschlossen und durch ihn das große
Frankenreich in drei Gebiete geschieden:
1. Lothar erhielt a) Italien nebst der Kaiserwürde, b) Mittel¬
franken (umfassend: Provence, Burgund, Lothringen und Friesland).
2. Ludwig, zubenannt der Deutsche, da mit ihm die EntWickelung
eines gesonderten Reiches der Deutschen seinen Ansang genommen hat,
erhielt Ostsranken: das Land östlich von Mittelfranken mit deutscher Be-
völkerung.
3. Karl der Kahle erhielt Westsranken: das Land westlich von
Mittelfranken mit romanischer Bevölkerung.
Durch den Teilungsvertrag von Verdun war der Grund zu einer
bleibenden politischen und nationalen Scheidung der Hauptvölker
im mittleren Europa gelegt. Von nun an gingen die germanischen Stämme
in den westlichen Gebieten in dem überwiegend römisch-katholischen Bestand-
teil der Bevölkerung aus. Diese nahm naturgemäß ihre eigentümliche
Entwicklung und unterschied sich bald durch Sprache und Sitten von den
in Deutschland sich rein erhaltenden Germanen. Dadurch konnte die Ent-
Wicklung des Ganzen nur gewinnen, indem die Bildung vielseitiger wurde
und zwischen Deutschen und Romanen (Franzosen) ein wohltätiger
Wetteifer entstand.
©) Die letzten Karolinger und Konrad I.
1. Vertrag zu Meerßen. Die geringste Festigkeit besaß das Reich
Lothars, weil es jeder nationalen Grundlage entbehrte. Nach Lothars
Tode (855) wurde sein Reich unter seine drei Söhne geteilt; der älteste
Sohn Ludwig II. erhielt mit der Kaiserkrone Italien und die beiden
jüngeren Söhne Mittelfranken. Diese starben bald, und nun ließ es
Ludwig II. ohne viel Widerstand geschehen, daß sich seine Oheime Karl
der Kahle und Ludwig der Deutsche im Jahre 870 im Vertrage zu
Meerßen (östlich von Maastricht) in Mittelfranken teilten. Ludwig der s7o
Deutsche erhielt Lothringen und Friesland, Karl der Kahle Burgund und
die Provence. Die Grenze zwischen Ost- und Westfranken, zwischen
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