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und Abenteuern und sandte Boten an König Otto und bat um dessen
951 mächtigen Beistand. Otto folgte im Jahre 951 dem Rufe.
Nach feiner Vermählung mit der Königin Adelheids — feine erste
Gemahlin Editha von England war 946 gestorben — legte er sich den
Titel eines Königs der Langobarden bei und zog im Jahre 952 nach
Deutfchland zurück, indem er die weitere Bekämpfung Berengars feinem
Schwiegersöhne Konrad von Lothringen überließ. Dieser schloß einen
Vertrag mit Berengar, wonach demselben Italien als ein deutsches Lehen
verblieb. Aber erst nach längerem Zögern und nicht, ohne beide zu kränken,
genehmigte Otto auf einem Tag zu Augsburg, wo Berengar persönlich
seine Huldigung darbrachte, das getroffene Abkommen.
Welche Folgen hatte die Erwerbung von Italien für Deutschland? 1. Sie gab
dem deutschen Könige, da er Herr von Rom mar, ein Anrecht auf die römische Kaiser-
krone. 2. Sie erleichterte und beschleunigte die Verpflanzung der altgriechischen und
altrömischen Kultur von Italien nach Deutschland. 3. Sie verbreitete das Streben nach
bürgerlicher Freiheit aus den italienischen in die deutschen Städte. 4. Sie veranlagte
viele Kämpfe der Deutschen in Italien und kostete somit unserm Volke viele Opfer an
Blut, Kraft und Geld. 5. Sie zog die deutschen Könige von der Erfüllung ihrer
nationalen Ehrenaufgabe ab: die seit der Völkerwanderung slawisch gewordenen Länder
zwischen Elbe und Weichsel dem Deutschtum zurückzugewinnen.
3. Der Ausstand der Söhne und die Ungarnfchlacht. a) Der Herzog
Konrad empfand die ungnädige Behandlung Berengars, dem er freund-
liche Aufnahme von feiten des Königs in Aussicht gestellt, hatte, als eine
persönliche Beleidigung. Auch sein Schwager Ludolf fühlte sich am Hofe
gegenüber Adelheid und dem Herzog Heinrich von Bayern, der viel über
Otto vermochte, zurückgefetzt, außerdem befürchteten beide nach der zweiten
Heirat des Königs den Verlust ihrer Erbanfprüche. Zu ihnen gesellten
sich alle andern mißvergnügten Elemente, die Ottos Regierungsweise im
Lande geschaffen hatte, und im Jahre 953 empörten sich Konrad und Ludolf
mit ihrem Anhang offen gegen den König. Der Aufstand wütete von
Lothringen bis an die Slawengrenze, von Sachsen bis Bayern, und Ottos
Lage war eine Zeit lang höchst bedenklich, um fo mehr, als Ludolf sich
nicht scheute, den Ungarn, die den Bürgerkrieg im Jahre 954 zu einem
Einfall in Bayern benutzt hatten, gegen den eignen Vater die Hand zu
bieten. Durch solchen Verrat beraubten sich die beiden Empörer vieler
ihrer Anhänger, der König gewann nun die Oberhand, und Konrad und
Ludolf mußten sich unterwerfen. Sie wurden ihrer Herzogtümer entfetzt
und starben, von Reue erfüllt, einen frühen Tod, Konrad auf dem Schlacht-
*) Roswitha, Kaiser Ottos Vermählung mit Adelheid von Italien.