Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

einen Teil von Italien, Spanien und Ungarn ausgedehnt hatte. In 
seiner Lebensweise war er ein schlichter Mann und ging einfach einher wie 
die übrigen seines Volkes. Er trug ein leinen Wams und ebensolche 
Beinkleider, einen Rock von einheimischem Tuch, mit einem seidenen Streifen 
besetzt, Schuhe, die mit verschiedenfarbigen Bändern an den Füßen be— 
festigt waren, und bisweilen einen kurzen weißen oder grunen Maniel. 
Aber stets hing ihm ein großes Schwert mit goldenem Wehrgehänge an 
der Seite. Nur an Reichstagen und hohen Festen erschien er in doller 
Majestät mit einer goldenen, von Dia⸗ 
manten strahlenden Krone auf dem 
Haupte, angethan mit einem langen 
herabwallenden Talare, der mit gol— 
denen Bienen wie übersäet war. Sonst 
haßte er ausländische Kleidung. Mit 
Unwillen bemerkte er, wie seine Edeln 
sich in feine, seidene Gewänder kleideten. 
Er war ein echt deutscher Mann, 
maß sieben seiner eigenen Fußlängen, 
und seine Gestalt war voll hoher Würde. 
Seine überaus lebendigen Augen leuch⸗ 
teten dem Freunde und Hülfeflehenden 
freundlich, dem Feinde aber furchtbar. 
Er war der beste Fechter und Schwim— 
mer unter seinen Franken, im Essen 
und Trinken nüchtern, unermüdlich 
thätig. Sein Schlaf war kurz; selbst 
des Nachts stand er von seinem Lager 
auf, nahm Schreibtafel und Griffel, 
um sich in der in seiner Jugend ver— 
säumten Schreibkunst zu üben, oder zu 
beten. Auch stellte er sich dann aus 
Fenster und betrachtete ehrfurchtsvoll 
den gestirnten Himmel. Früh, während 
des Ankleidens schon, schlichtete er 
Streitigkeiten, und bei Tische hatte 
er den Brauch eingeführt, aus guten 
Büchern vorlesen zu lassen, vor allem aus einer trefflichen Schrift des heiligen 
Augustinus. Zweimal des Tages besuchte er die Kirche, am Morgen und 
am Abend. Er hatte eine tiefe Ehrfurcht vor dem Worte Gottes, ließ es 
oftmals auf Pergament abschreiben und las fleißig darin. Mit großem Eifer 
suchte er der christlichen Kirche in seinem Reiche aufzuhelfen. Er sorgte für 
tüchtige Bischöfe und Geistliche und rief berühmte Gelehrte, deren es da— 
mals besonders in gtalien und England gab, an seinen Hof; an den 
Bischofssitzen und in den Klöstern errichtete er Schulen. Seine Hofschule 
sollte ein Muster sein für alle andern Schulen im Lande, und er achtete es 
nicht unter seiner Würde, hier auch einmal selbst Schulaufseher zu sein. 
Karl der Große gründete viele neue Bistümer, Kirchen und Klöster 
und beschenkte sie reichlich. Als solche werden Osnabrück, Paderborn, 
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