Full text: Deutsche Geschichte bis 1648 (Teil 1)

- 182 - 
Standes, sollen friedlich und ruhig bei- und nebeneinander wohnen, und kein 
Teil des anderen Religion, Kirchengebräuche oder Zeremonien abzutun oder sie 
davon zu dringen unterstehen, sondern jeder Teil soll den anderen laut dieses 
Friedens bei solcher seiner Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und 
Zeremonien, auch seiner Hab und seinen Gütern und allem anderen ...... 
ruhiglich und friedlich bleiben lassen. 
III. 
Adel und Bürgertum im 16. Jahrhundert. 
A. Die Ritterschaft. 
Quelle: Brief Ulrichs von Hutten an Wilibald Pirkheimer 
über sein Leben. 1518. 
Fundort: Dentzer, Soziale Bewegungen im 16. Jahrh. Leipzig. S. 8—9. 
Man lebt auf dem Felde, in Wäldern und in jenen Bergnestern. Die uns 
ernähren, sind ganz arme Bauern, denen wir unsere Äcker, Weinberge, Wiesen 
und Wälder verpachten; der Zins, der davon einkommt, ist im Verhältnis zur 
aufgewendeten Mühe gering und kärglich; aber mag er noch so ansehnlich und 
fett sein, wird er doch nur mit großer Mühe und Sorge erworben: denn wir 
müssen sorgsame Hausväter sein und überdies dem Dienste irgendeines Fürsten 
verpflichtet, von dem die Hoffnung auf Schutz abhängt; denn wenn ich es nicht 
bin, glauben alle, es sei ihnen alles gegen mich erlaubt; aber auch wenn ich es 
bin, ist jene Hoffnung mit Gefahr und täglicher Furcht gemischt; denn so oft ich 
von Haufe weggehe, besteht die Gefahr, daß ich in die Hände derer falle, mit 
denen jener, welcher Fürst es auch sei, einen Handel ober Krieg hat, der ihnen 
einen Vorwand gibt, mich zu überfallen und wegzuschleppen; und wenn mir das 
Glück unhold ist, so kann leicht mein halbes Gut für das Lösegeld daraufgehen, 
und so trifft mich Schaden von dort, von wo ich auf Schutz gehofft hatte. Daher 
füttern wir zu diesem Zwecke Pferde und rüsten uns aus, umgeben uns mit zahl- 
reichem Gefolge, alles unter großen und schweren Kosten; bisweilen wagen wir 
uns unbewaffnet nicht zwei Morgen weit hinaus; keinen Bauemhof dürfen wir 
unbewaffnet aufsuchen, nur gepanzert jagen und fischen gehen.... Das sind 
unsere ländlichen Freuden, das ist unsere Muße, unsere Ruhe. Unsere Burg selbst, 
mag sie auf dem Berge oder in der Ebene liegen, ist nicht zur Annehmlichkeit, 
sondern zur Verteidigung erbaut, mit Wall und Graben umgeben, innen eng, 
verbunden mit Viehställen, daneben dunkle Geschützkammern, angefüllt mit Pech, 
Schwefel und dem übrigen Apparat von Waffen und Kriegsmaschinen; überall 
Pulvergeruch, Hunde und Hundegestank. Reiter kommen und gehen, unter ihnen 
Diebe und Räuber; denn unfere Häufer stehen meist allen offen, da wir entweder 
nicht wissen, welcher Art jeder ist, oder nicht sonderlich darnach forschen. Man 
hört Schafgeblök, Rindergebrüll, Hundegebell, das Lärmen der Arbeiter auf dem 
Felde, Karren- und Wagenknarren, auch Wolfsgeheul, da unser Haus nahe dem 
Walde liegt. An jedem Tage Sorge um den morgigen Tag und Unruhe.... 
Wenn dann einmal ein Jahr schlecht ausfällt, wie in jener unfruchtbaren Gegend 
* sehr oft, entsteht eine schreckliche Not, eine schreckliche Armut.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.