Contents: Illustriertes Realienbuch

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Er soll ein Knappe Waldemars, der Müller Jakob Rehbock, gewesen und 
wegen seiner Ähnlichkeit mit Waldemar zu dem Betrüge benutzt worden sein. 
Otto dem Faulen, dem kläglichsten Fürsten, der je ein Land regiert hat, 
wußte der schlaue Kaiser Karl IV. die Mark durch allerlei List aus den 
Händen zu reißen, um seinen Sohn Wenzel damit zu belehnen (1373). 
15. Die Mark unter den Luxemburgern (1373—1415). 
1. Karl IV. im deutschen Reiche. Er war auf 
allerlei krummen Wegen zum Throne gekommen und 
wußte überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Dem deut¬ 
schen Reiche war er ein Stiefvater und vergab dessen 
Gerechtsamen, um seinen Säckel zu füllen. In Italien 
spielte er ohne Heer eine traurige Nolle und stahl sich 
am Tage seiner Krönung wie ein Dieb aus Rom. Der 
Dichter Petrarca rief ihm nach: „Wenn dir dein ritter¬ 
licher Großvater in den Alpen begegnete, mit welchem 
Namen würde er dich anreden?" In dieser Zeit wurden 
die Gemüter durch große Schrecknisse, wie Hungersnot, 
Erdbeben, Heuschreckenschwärine und den „schwarzen 
Tod" erschüttert. Letzterer war eine Pest, die wie ein 
Würgengel Europa durchzog und ein Drittel aller Men¬ 
schen wegraffte. Weil das entsetzte Volk meinte, die 
Juden hätten sie durch Vergiftung der Brunnen erzeugt, 
so wurden diese Unglücklichen grausam verfolgt. Andere 
sahen in ihr ein göttliches Strafgericht und wollten den 
Zorn Gottes durch schmerzliche Bußübungen versöhnen. 
Die Geißler zogen in Schwärmen unter einer roten 
Fahne umher, sangen Büßlieder und geißelten sich mit Stachelricmcn blutig. 
Zuletzt sammelten sie auch Geld ein und verübten allerlei Gewalttaten, so daß 
man die Thore vor ihnen schloß. — Karl IV. setzte durch die goloene Bulle 
(1356) fest, daß 7 Kur- oder Wahl fürsten den Kaiser wählen sollten, und 
zwar 3 geistliche: die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und 4 welt¬ 
liche: der König von Böhmen, der Pf alz graf am Rhein, der Herzog 
von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg. Von dem angehängten 
goldenen Siegel (Bulle) erhielt dieses Reichsgrundgesetz den Namen goldene 
Bulle. 
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Für diese Länder war er ein 
wahrer Vater. In Böhmen brach er die Räubernester, sorgte für gerechtes 
Gericht, ließ Wege und Brücken bauen, Flüsse schiffbar machen, zog deutsche 
Gelehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 die Univer¬ 
sität Prag als eine Pflanzstätte der Bildung. Bisher war die Wissenschaft 
in den Klöstern gepflegt worden oder war das Vorrecht der Geistlichen gewesen. 
Bis zu 20000 stieg die Zahl der Studenten. War Böhmen für den Kaiser das 
rechte, so war Brandenburg das linke Auge. Er weilte gerne in Tanger¬ 
münde a n d e r E l b e und machte es zum Mittelpnnkt des Verkehrs. Der Land¬ 
bau blühte auf, nützliche Thätigkeit regte und Wohlstand mehrte sich überall. 
Karl ließ ein Verzeichnis aller Äcker anfertigen und verteilte die Abgaben in ge¬ 
rechter Weise. Für Böhinen und Brandenburg starb er zu früh. 
3. Seine Söhne Wenzel und Sigismund glichen ihm nicht in der Für¬ 
sorge für ihre Erbländer. Wenzel war ein träger und grausamer Tyrann, der
	        
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