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-Skribenten nicht, daß wir ihre Schriften lesen müssen, so wie es die
Franzosen mit ihren Werken tun? — Ich: Das kann ich nicht beant-
Worten, Sire; da die Griechen schön schrieben, führten die Römer noch
Krieg; da die Römer gut schrieben, hatten die Griechen aufgehört zu
-schreiben. — Der König: Er hat recht. Er mag wohl ein guter Mann
sein. Aber weiß Er, was Ihm fehlet? Er sollte reisen und die große
Welt kennen lernen, dieses hilft schreiben. — Ich: Ich glaube es sehr wohl,
Ihre Majestät. Aber ich bin zu alt und zu krank zum Reisen und auch
nicht reich genug dazu. — Der König: Ja, die deutschen Dichter mögen
wohl selten unterstützt werden. Es ist nicht gut. — Ich: Vielleicht fehlen
uns noch Auguste und Ludwigs Quatorze. — Der König: Aber Sachsen
hat ja schon zween Auguste gehabt. — Ich: Und wir haben auch in
Sachsen schon einen sehr guten Anfang in den schönen Wissenschaften
gemacht. Ich rede nicht von Sachsen allein, ich rede von ganz Deutsch-
land. — Der König: Will Er denn, daß Ein August ganz Deutschland
haben soll? — Ich: Das will ich eben nicht. Aber ich wünsche nur, daß
bie großen Könige in Deutschland die Künste aufmuntern sollen und uns
bessere Zeiten geben. — Der König: Sind jetzt böse Zeiten? — Ich: Das
werden Ew. Majestät besser bestimmen können als ich. Ich wünsche ruhige
Zeiten. Geben Sie uns nur Frieden, Sire. — Der König: Kann ich
denn, wenn drei gegen einen sind? — Ich: Das weiß ich nicht zu beant-
Worten. Wenn ich König wäre, so hätten die Deutschen bald Frieden. —
Der König: Hat Er den Lafontaine nachgeahmt? — Ich: Nein, Sire, ich
bin ein Original, das kann ich ohne Eitelkeit sagen; aber darum sage ich noch
nicht, daß ich ein gutes Original bin. — Der Major: Ja, Ihre Majestät.
Man hat in Paris die Gellertschen Fabeln übersetzt und ihn sür den
deutschen Lafontaine erklärt. — Der König: Das ist viel. Aber warum
ist Er krank? Er scheint mir die Hypochondrie zu haben. — Ich: Leider,
seit zwanzig Jahren. — Der König: Ich habe sie auch gehabt, und ich will
Ihn kurieren. — Ich: So werde ich in mein Journal setzen können, daß
mich der König von Preußen kuriert hat. Dies wird mir viel Ehre bei
der Nachwelt machen. — Der König: Erstlich muß Er alle Tage eine
Stunde reiten und zwar traben. — Ich: Wenn das Pferd gesund ist, so
kann ich nicht fort; und wenn es krank ist wie ich, so kommen wir alle
beide nicht fort. — (Nunmehr schlug er mir noch eine Menge barbarischer
Mittel vor.) Der König: Will Er das tun? — Ich: Ihre Regeln, Sire,
wie man gut schreiben soll, die werde ich in acht nehmen und habe sie auch
schon in acht genommen; aber Ihren medizinischen Vorschriften werde ich
nicht gehorchen, sie scheinen mir eine zweite Krankheit zu sein. Ich lebe
schon sehr diät, und ich bin zufrieden, wenn ich ruhig sterbe, gesetzt, daß ich
auch nicht gesund werde. — Der König: Wie alt ist Er? — Ich: Fünf-
undvierzig Jahre. — Der König: Das ist kein Alter. Er muß noch schreiben,
sür die Welt leben. — Ich: Ich habe es getan, und ich habe schon zu
viel geschrieben. Es ist eine große Geschicklichkeit, zu rechter Zeit aufzuhören;
und endlich liegt mir an der Unsterblichkeit wenig, wenn ich nur genützet
habe. — Der König: Weiß Er keine von seinen Fabeln auswendig? —
Ich: Nein. — Der König: Besinne Er sich. Ich will etlichemal im Zimmer
auf- und abgehen. — Ich: Nunmehr kann ich Ihrer Majestät eine sagen.
— (Ich sagte ihm die Fabel vom Maler in Athen. Als ich bis auf die
Heinze-Rosenburg, Qmllenlesebuch II. 3. Aufl. 7