Full text: Die Hohenzollern und das deutsche Vaterland (Teil 2)

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hätten. Ich erhielt als begünstigende Ausnahme die Erlaubnis, diese Zahl 
(irre ich nicht von zweihundert) um fünfzig zu überschreiten. 
Ein freundschaftlicher Wettstreit zwischen den Korps und den Detache- 
ments hatte sich erhoben. Das Lützowsche Korps bildete sich in Breslau 
und ganz in meiner Nähe. Jahn bewohnte den „Goldnen Zepter", einen 
Gasthof in der nämlichen Straße, wo ich wohnte. Wenige Häuser von mir 
entfernt war das Jahnsche Werbehaus, sowie meine Wohnung das für die 
Detachements. Es war natürlich, daß ein solches Freikorps etwas sehr 
Anziehendes für die Jugend hatte, das dichterisch Kühne konnte sich, wie 
man voraussetzte, hier entschiedener äußern. Es war die feurige Lyrik des 
Krieges, wie sie auch später in Körners Gedichten erschien und in allen 
Gegenden Deutschlands die Gemüter erregte. Gewiß, es war seine herrliche, 
durch seine sittliche Freiheit den ganzen Krieg veredelnde und stärkende 
Gesinnung, die durch die Bildung dieses Korps und seine spätern Taten 
laut wurde. Mein Alter wie meine Stellung hatten mir aber von vorn- 
herein geboten, einer entgegengesetzten Richtung zu huldigen und mich dahin 
zu wenden, wo die großen geordneten Massen, von trefflichen Heerführern 
geleitet, über das verhängnisvolle Schicksal der Völker zu entscheiden hatten. 
Erkannte ich in den Freikorps die leichte Lyrik des Krieges, so sollte sich 
hier dessen großartiges Epos entwickeln. Es war mir nicht schwer, der 
Jugend begreiflich zu machen, daß sie, in dem großen Heere dienend, den 
bedeutendsten Ereignissen näher trat. 
Aber bevor ich noch selbst ausgerüstet und uniformiert in die Reihen 
der Krieger trat, drängte sich mir ein andres Geschäft auf. Ich mußte 
nämlich für die Bekleidung der Freiwilligen des Detachements Sorge tragen. 
Die dazu nötigen Summen erhielt ich durch die freiwilligen Beiträge, die 
aus Breslau und aus allen Gegenden Preußens noch zuströmten. Es ist 
bekannt, wie der Wetteifer, sich durch reichliche Gaben auszuzeichnen, in 
diesen Augenblicken der Begeisterung keine Grenzen kannte. Der Geizige 
griff seine ängstlich zusammengehäuften Schätze an, wer aber keine Summe 
zu bieten hatte, verkaufte Edelsteine, Gold- und Silbergeräte, und wie die 
Mütter die zärtlich geliebten Söhne, die bis jetzt mit ängstlicher Sorge 
gepflegt wurden, nicht selten selbst bewaffneten und in den Krieg sendeten, 
so erschienen auch alle Menschen gehoben und geheiligt. Geringe und 
gemeine Gesinnungen wagten sich in diesen schönen Tagen kaum hervor. 
Ausgezeichnete Beamte stellten sich, als verstände es sich von selbst, in die 
Reihe der Gemeinen. Höhergestellte schienen willig sich den Befehlen sonst 
Untergeordneter zu unterwerfen, wenn diese, durch frühern Dienst dazu 
befähigt, ihnen vorgesetzt wurden. Das Geben und Empfangen, das 
Schenken und Geschenktes annehmen, schien seine sonstige Bedeutung völlig 
verloren zu haben. 
Der Staatskanzler hatte dem Hofrat Heun, sonst als Romanschrift- 
steller unter dem Namen Clauren bekannt, das Einsammeln, Verteilen, Be- 
rechnen und die öffentliche Bekanntmachung dieser Geldbeträge übertragen,*) 
und an ihn wandte ich mich, wenn ich die Handwerker bezahlen mußte, nie 
*) Heun nennt in einer solchen Bekanntmachung eine Frau, die ihren Schmuck 
schenkte, und ihren Sohn, einen Knaben, der seine Sparbüchse opferte; dazwischen liest 
man: Professor Steffens stellt sich selber.
	        
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