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Zu dem Zwecke war es aber erforderlich, eine Höhe neben dem Walde zu
besetzen, weil man von hier aus die ganze Ebene beherrschen konnte. Ohne
großen Widerstand zu finden, nahm der Kurfürst diesen wichtigen Punkt
ein. Die Geschütze, obgleich sie nur mit großer Mühe durch niedriges
Gestrüpp und durchweichten Boden fortgeschafft werden konnten, wurden
endlich günstig aufgestellt und das polnische Heer mit Erfolg beschossen.
Die Polen, dadurch schwer bedrängt, machten sogleich große Anstrengungen,
den Kurfürsten aus dieser sür sie so ungünstigen Stellung zu vertreiben.
Sie wandten ihre ganze Macht gegen ihn, das Fußvolk unternahm die
Höhe zu stürmen, während 2000 tatarische Reiter den Kurfürsten in der
Flanke und den König im Rücken anzugreifen versuchten. Alle Angriffe
wurden aber tapfer zurückgeschlagen, und als die Polen zum zweitenmal?
aus ihren Verschanzungen ungestüm gegen den König ausfielen, wurden
sie von diesem zurückgeworfen, und er konnte jetzt dem Kurfürsten zu Hilfe
kommen. Die besten Truppen der Polen, unterstützt von der vorzüglichsten
Reiterei, konnten nichts gegen die starken Gegner ausrichten, die Polen
mußten sich zum Rückzüge entschließen, und die Verbündeten behaupteten
einen Teil des Schlachtfeldes.
Nachdem am dritten Tage die Polen an allen Punkten geworfen
waren, flohen sie und überließen Warschau mit seinen Geschützen den
Händen der Sieger, die am folgenden Tage in diese Stadt ihren Einzug
hielten, ohne Widerstand zu finden.
20. (22.) Die Einnahme der Stadt Watyenow am 15. Juni 1675.
Dieterich Sigismund von Buch: Tagebuch aus den Jahren 1674—1683.
Herausgegeben von Gustav von Kessel. Jena und Leipzig, 1695. S. 115 ff. Buch
war Reisemarschall des Großen Kurfürsten. Er weilte von «674—1682 in unmittelbarer
Nähe seines Herrn und machte täglich mit großer Wahrheitsliebe in französischer Sprache
seine Aufzeichnungen.
Von einem Edelmann, der noch den Abend vorher in Rathenow
gewesen war, erfuhren wir, daß der Kommandant, Oberst Wangelin, den er
gesprochen, noch nichts von unserm Marsche erfahren hatte. Wir verließen
eiligst die Tafel, stiegen zu Pferde und wählten den Weg direkt auf
Rathenow. Eine starke Meile vor der genannten Stadt machten wir Halt,
um unsere Infanterie und Geschütze zu erwarten, die ein wenig zurück-
geblieben waren. Etwas nach 11 Uhr abends kam unsere Infanterie an,
und wir begannen gleich zu marschieren. Der Generaladjutant Kanowsky
war kommandiert, mit dem Oberstleutnant Kanne und 400 Infanteristen
den Fluß zu Kahn zu passieren und die Stadt von der andern Seite
anzugreifen, während unsere Dragoner die Brücke in der Front angreifen
sollten, und der Generalmajor Götz mit dem Grafen von Dönhoff auf der
andern Seite vorgingen und von einer andern Seite angriffen. Darauf
mußten wir ein großes Defile passieren, wo uns das Wasser bis über die
Kniee ging, was uns lange genug aufhielt. Nachdem wir es aber hinter
uns hatten, liefen unsere Musketiere, wie ein Pferd nur traben kann, vor,
und obgleich die Nacht der Mantel der Feigen ist, blieb doch nicht ein
einziger zurück.