— 186 —
Heeres in der noch unruhigen, soeben erst bezwungenen Provinz, dieser
gewöhnlich ohne ein solches. Für die Finanzverwaltung und überhaupt
als untergeordneter Beamter stand jedem ein Quästor zur Seite. Die Be-
wohner der Provinzen, die Provinzialen, waren vom Kriegsdienst befreit,
aber zur Zahlung von direkten (Tribut) und indirekten Steuern (Zöllen)
verpflichtet. Es gereichte den Provinzen zum großen Nachteil, daß der
Staat von den Provinzialen die Steuern nicht direkt erhob, sondern dies
Geschäft Steuerpächtern überließ, die den für die Provinz augesetzten
Steuerbetrag in ganzer Summe der römischen Staatskasse einzahlten und
dafür die Vollmacht erhielten, die Steuern der Provinz im einzelnen zu
erheben. Die Erhebung, obwohl gesetzlich geregelt, geschah dann in einer
Weise, die den Steuerpächter selbst und die untergeordneten Steuererheber
bereicherte und womöglich noch den Prätor oder dessen Quästor mit, der
ihm aus Kosten der Provinzialen bei dem Gewerbe half oder durch die
Finger sah. Der Statthalter (Prokonsul oder Proprätor) in der Provinz
war während seiner Amtszeit unbeschränkt und benutzte diese vor allem
dazu, sich die Schätze zu erwerben, die er in Rom verpraßte oder deren er
zur weiteren Verfolgung seiner kostspieligen politischen Laufbahn benötigte.
Nur in den schreiendsten Fällen schritt ein Senatorengericht gegen schuldige
Beamte ein. Trotz dieser Mißbräuche ließen die Römer allen Provinzialen
ein gewisses Maß von Selbständigkeit, nie griffen sie in den Glauben, die
Sitten und Gebräuche der Provinzialen ein.
Wie die Provinzialen unter dem furchtbaren Steuerdruck, so hatten die
italischen Bundesgenossen durch die ihnen aufgebürdete Kriegs-
Pflicht schwer zu leiten. Schon bei Beginn des zweiten puuischen Krieges
hatten sie doppelt so viel Soldaten als die römische Bürgerschaft gestellt.
Am Ende des Krieges wurden sie nicht verabschiedet, sondern für die nun
weiter folgenden Eroberungskriege unablässig unter den Waffen behalten
und schlecht dafür belohnt. Ihre Stimmung gegen die herrschende römische
Bürgerschaft wurde sehr gereizt, und bald nahte die Zeit, wo sie in Ver-
schwörungen und kriegerischen Erhebungen bessere Zustünde für sich herbei-
zuführen suchten.
Die wirtschaftlichen Zustände. Neben dem Beamtenadel gelangten
die römischen Großkaufleute durch Geldgeschäfte in Rom und in den
Provinzen durch Steuerpachtungen, durch Fabrikthätigkeit zu großen Reich¬
tümern und zu einer bevorzugten Stellung im Staate, zur Ritter würde.1)
*) Die Ritter waren von Romulus bis auf die Gracchen ein Teil des römischen
Heeres, seit Servius Tullins in 18 Centurien eingeteilt. Neben ihnen bildete sich seit
den Gracchen ein besonderer Stand von Rittern, zwischen dem Senate und dem Volke