Full text: Die neue und neueste Zeit von 1648 bis jetzt (Teil 3)

allen seinen Regierungshandlungen bedurfte, und die zumeist ihre eigenen 
Interessen vertraten, beseitigt und an ihre Stelle der unumschränkte Wille 
des Monarchen gesetzt wurde, der die Regierung zum Besten der Gesamt- 
heit führte. Gar zu leicht wurde indes der Absolutismus ins Maßlose 
übertrieben, indem der Monarch seine selbstherrliche Stellung zum Nachteil 
namentlich der mittleren und niederen Klassen seiner Unterthanen in selbst- 
süchtiger Weise mißbrauchte und, gestützt auf ein starkes stehendes Heer, 
eine despotische Regierung führte. Diese EntWickelung nahm der 
Absolutismus vor allem in Frankreich. 
a) Frankreich. 
Richelieu. Auf Heinrich IV. war dessen Sohn Ludwig XIII. (1610—1643), 
noch nicht zehn Jahre alt, gefolgt. Er stand unter der Vormundschaft seiner Mutter, 
Maria von Medici, die den Kriegsplan zur Schwächung Österreichs ausgab, Sully 
entließ und eine höchst verschwenderische Regierung führte. Als sie endlich vom Hofe 
entfernt war, erhielt ein hochbegabter Mann, derKardinal und Herzog von Riche- 
lieu, die Leitung der Staatsgeschäfte, der während seiner 18jährigen Verwaltung 
(1624—1642) das französische Königtum wieder zu größerer Gewalt erhob. Das erreichte 
er dadurch, daß er der Überhebung der Großen, des Hochadels, fest entgegentrat, die 
politische Stellung der Hugenotten durch Wegnahme ihrer Sicherheitsplätze in eine bloß 
kirchliche Partei herabdrückte und die Erweiterung des politischen Einflusses 
Frankreichs im Auslande betrieb. Deshalb nahm er den Plan Heinrichs IV. 
wieder auf, die habsburgifche Macht in Deutschland und Spanien zu schwächen, und 
weil diese seit 1629 bedenklich gewachsen war, unterstützte er das Unternehmen Gustav 
Adolfs, mit dem er auch 1631 einen Subsidienvertrag schloß; die fernere Teilnahme 
Frankreichs am dreißigjährigen Kriege ist vornehmlich sein Werk. Als Ludwig wenige 
Monatenach Richelieus Ableben starb, hinterließ er zwei Söhne, Ludwig, seinen Nach- 
folger, und Philipp, den Herzog von Orleans, der der Stammvater der jüngeren 
Bourbonen wurde, die 1830 auf den Thron kamen. 
Mazarin während Ludwigs XIV. Minderjährigkeit. Ludwig, der Sohn der 
Anna von Österreich, war beim Tode seines Vaters noch minderjährig; es riß deshalb 
seine Mutter die Regentschaft an sich, die jedoch gegen aller Erwartung die Regierung 
fast ausschließlich dem klugen Italiener Kardinal Mazarin, der ihr und den Ideen 
Richelieus ergeben war, überließ. Seinem Einfluß ist der für Frankreich so günstige 
westfälische Friedensschluß zuzuschreiben. Als er aber 1644 zur Fortsetzung des Krieges 
gegen Deutschland und um die durch Vergeudungen des Hofes herbeigeführte Geldnot 
zu heben, neue Steuern auflegte, entzweite er sich mit dem Parlamente in Paris*), 
das seine Finanzmaßregeln nicht anerkennen wollte. Nach langem Streite ließ er einige 
!) Unter dem Parlamente verstand man in Frankreich die in den größten Städten 
befindlichen Reichsgerichte, unter denen das zu Paris als das älteste besonderes Ansehen 
genoß. Dieses gewann mit der Zeit Einfluß auf die Regierung, indem nur die könig- 
lichen Verordnungen Gesetzeskraft erlangen sollten, die von ihm auf ihre Rechtmäßig- 
keit geprüft waren.
	        
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