Die Mittelmark. 75
ist Frankfurt (64,3), die größte außerhalb Groß-Berlins gelegene Stadt der Mark.
Ehedem konnte es als gefährlicher Mitbewerber Berlins gelten, heute ist es freilich
selbst von dem östlichen Posen erheblich überholt. Seine Stellung beruhte auf seiner
Eigenschaft als Brückenkopfstadt nach dem Osten hin, der die Einfuhr der Rohwaren
aus dem ostwärts sich immer mehr weitenden Gebiete zwischen Netze und oberer
Oder aufnahm, dazu als Stapelplatz am Flusse selber. So waren seine Messen weit
berühmt, und erst der Eisenbahnverkehr hat von der Mitte des 19. Jahrhunderts
an ihre Bedeutung vernichtet. Aber noch jetzt bekommt die Altstadt um Markt,
Rathaus und Hauptkirche von jener alten Verkehrsform das Gepräge. Sie liegt
aus ziemlich schmaler Terrasse links der Oder, jenseits eine kleine Dammvorstadt,
oberhalb und unterhalb verlängernde Vorstädte, Bahnhof und weitläufige neue
Stadtteile auf der Höhe.
Der größere nordwestliche Teil ist der Barnim. Langsam nach Nordosten
ansteigend, fällt er mit ziemlich steilem Rande zum Oderbruch ab und gibt, da die
Randhöhen für die Mark nicht unbeträchtlich find (Semmelberg bei Freienwalde
158 m) zu den mittelgebirgsähnlichsten Landschaften Veranlassung, vor allem um
Freienwalde, wo der hohe Rand mit prächtigen Wäldern (überwiegend Buchenwald)
bedeckt und von ausdrucksvollen, wiewohl sehr kurzen, wasserlosen Talschluchten
durchzogen ist. Nach Südwesten zur Spree ziehen dagegen nur kleine Flüßchen;
das größte ist die bei Bernau entspringende P a n k e. Nicht so groß wie im
Norden ist der Seenreichtum, doch durchziehen das Land einige herrliche Rinnensee-
ketten. Die schönste und bedeutendste ist der bei Hohensinow beginnende Gam en¬
grund (s. Nr. 8), der in dem großen Blumental Walde nördlich Strausberg am
ausdrucksvollsten erscheint. Erhebliche Seengruppen liegen auch südlich Strausberg
nach der Spree zu um Rüdersdorf und im Westen zwischen Oranienburg und
Bernau. Auch der Barnim hat besonders in seinen mittleren Strichen besseren
Lehmboden, recht ausgedehnt sind freilich auch die sandigen Strecken im Westen,
Norden und Südosten, und entsprechend die Wälder.
Die Städte mit zentraler Lage haben auch auf ihm hinter den Randstädten an
den schiffbaren Flußläufen zurücktreten müssen. Jetzt sind sie alle schon etwas in
den Bannkreis Berlins geraten. Nur W r i e z e n (7,4) am Oderbruchrande steht
noch recht abseits. Dagegen ist Strausberg (8,2), lange als die ärmste Stadt der
Mark verschrieen, jetzt, wo sich von seinem Hauptbahnhos, dem Endpunkte des Ber-
liner Vorortverkehrs auf 6 km langer Strecke eine Villenstraße entwickelt, nicht
ohne Zukunft. Dagegen ist Alt-Landsberg (2,6) trotz seiner Nähe an Berlin,
da es erst vor kurzem und nur durch eine Nebenbahn mit ihm verbunden worden^),
vorläufig noch ohne rechte Entwicklung, was von dem benachbarten ähnlich
gelegenen Werneuchen (5,9)2) nicht so gilt. Ebenso hat B i e s e u t h a l (3,1)
von seiner Lage an der Stettiner Bahn allmählich einige Vorteile zu ziehen gewußt und
eine lange Häuserzeile zwischen Bahnhof und alter Stadt entstehen lassen. Erst recht
gilt das von Bernau (9,8), das jetzt in engerem Zusammenhange mit Berlin sich
zu heben beginnt. Eine stetige Entwicklung zeigt Freienwalde (8,6), das seit
den Tagen des Großen Kurfürsten als Badeort berühmt, im 19. Jahrhundert aus der
*) Die letzte von Berlin ausgehende Personenpost ging einst dahin.
2) Flecken mit städtischer Verwaltung.
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