Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (Bd. 4)

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Von Rudolf von Habsburg bis zur Reformation. 
den vom Papste für irrtümlich erklärten Ansichten des englischen 
Theologen Wicliffe (um 1350) bekannt wurde, nahm er diese 
zum großen Teile an; besonders verroarf er Ablaß, Zölibat und 
Ohrenbeichte, leugnete die Obergeroalt des Papstes und erklärte, 
daß man keinem Fürsten oder Bischof Gehorsam schuldig sei, 
wenn er eine Todsünde begangen habe. Diese Lehre drohte 
nicht bloß die kirchliche, sondern auch die bürgerliche Ordnung 
umzukehren. Zuerst erhoben sich gegen die neue Lehre die deut- 
schen Professoren der Universität Prag. Indes Hus mußte 
beim .Röntge Wenzel eine Abänderung der Universitätsverfassung 
durchzusetzen, so daß der böhmischen Nation, die bisher nur eine 
Stimme gehabt, drei, allen anderen Nationen nur eine Stimme 
zustand. Dies hatte zur Folge, daß mehr als 3000 deutsche 
Studierende mit ihren Lehrern aus Prag auswanderten (1409) 
und die Universität Leipzig gegründet wurde. Hus wurde 
schließlich vor den päpstlichen Richterstuhl nach Rom geladen 
und, da er nicht erschien, mit dem Banne belegt. 
Vom Könige Sigismund aufgefordert, begab Hus sich unter 
dem Schutze eines königlichen Geleitbriefes zum Konzil nach 
Konstanz. Da er trotz wiederholter Aufforderung sich nicht zum 
Widerrufe verstand, so ward er zu der damals gewöhnlichen 
Strafe der Ketzer, dem Feuertode, verurteilt, den er mit großer 
Standhaftigkeit erlitt (1415). 
c) Die Reformation der Kirche an Haupt und Glie- 
dem (f. S. 141) kam nach der Wahl Martins V. bei der Ver¬ 
schiedenheit der Meinungen auf dem Konzil nur in nebensäch¬ 
lichen Dingen zustande. Mit der englischen, deutschen und fran- 
zösischen Nation schloß der Papst gesonderte Konkordate ab, 
in denen er nur unwesentliche Zugeständnisse machte. 
d) Übergang der Mark Brandenburg an das Haus 
Hohenzollern. Von den Staatshandlungen, die der König 
Sigismund während seiner Anwesenheit bei dem Konzil in Kon¬ 
stanz vollzog, war keine folgenreicher als die Belehnung des ihm 
treu ergebenen Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg 
aus dem Hause Hohenzollern mit der Mark Brandenburg (1415). 
§ 80. 2. Die Hussitenkriege (1419—1434). Die Hinrichtung des 
Hus wurde von den Böhmen mit großer Entrüstung aufgenom¬ 
men, da sie in ihm den kirchlichen Reformator und zugleich den
	        
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