Holub: An den Viktoriafällen des Sambesi. 49 
Gelegenheit, deni verborgenen Beobachter ihre Kletterkünste vorzuführen. 
Außer den hohen Bäumen sind es noch dichte Saro- und Fächerpalmen- 
gebüsche und riesige Farnkräuter, welche zur Üppigkeit der Scenerie die- 
ses Ufers so viel beitragen. Der Reifende schreitet bei einem Gange 
durch diese hochinteressanten Formen Floras über einen elastischen, schwel- 
lenden Teppich von kleinen Blumen und Moos, der von Feuchtigkeit 
durchtränkt ist; am Rande des Abgrundes aber, da, wo der nackte, braune 
Felsen hervorblickt, sehen wir einzeln oder in Knäueln kleine, erbsen- 
bis hühnereigroße, etwas platt gedrückte, rundliche, dunkelgrüne Algen 
lose auf dem Felsen liegen. 
Diese Üppigkeit der Vegetation ist zu gutem Teile auf die ununterbrochen 
von den Fällen herrührenden und auf die gegenüberliegenden Ufer herab- 
fallenden reichlichen Wasserdünste zurückzuführen. Unaufhörlich steigen 
längs der oberen Kante des Falles den einzelnen Fallstrahlen ent- 
sprechende Säulen von Wasserdünsten einige hundert Fuß hoch in die 
Lüfte, auf 50 englische Meilen weit sichtbar. Eben während unseres 
Betrachtens sind sie unmittelbar vor uns so dicht, daß sie die gegenüber- 
liegende Stelle vollkommen verhüllen. Doch schon im nächsten Augen- 
blicke hat sie ein mäßiger Windhauch von Osten her nach links zu ge- 
drängt; nur eine dünne und durchscheinende Säule ist zurückgeblieben, 
welche, wie ein Schleier, mehrere der vor uns herabstürzenden Strahlen 
verhüllt und nun ein wahrhaft märchenhaftes Bild hinzaubert; denn 
auch das tiefe Blau der Flut über dem Falle und jene herrlichen Inseln 
mit den Palmen erscheinen uns so fern gerückt und doch wieder fo 
nahe, wie in einen Nebelfchleier gehüllt. 
Von unvergleichlicher Schönheit und malerischem Reize sind diese 
Fälle bei Sonnen- Aufgang oder -Niedergang, wenn kreisrunde, in den 
Dunstfäden erscheinende Regenbogen die Wirkung erhöhen. Das Auf- 
fteigeu der Dünste ist mit einem eigentümlichen Zischen verbunden; 
doch ist dies nur zeitweilig zu hören, wenn der Wind das Getöse aus 
dem Grunde der Felsenschlucht, das den Beschauer im wahren Sinne des 
Wortes betäubt, etwas abschwächt. Wie ich schon erwähnt, können wir von 
dem Südufer — dem besten Standpunkte des Beobachters — den Boden des 
Abgrundes nicht sehen (wohl von der westlichen Seite, wenn wir uns bis 
an den Rand einer bcbnschten Schlucht durcharbeiten können), und darum 
wirkt das furchtbare Getöse, das von der Tiefe aus die Lüfte erfüllt 
und meilenweit wie das ununterbrochene Rollen des Donners vernommen 
wird, nur um so betäubender auf die menschlichen Sinne ein. Wir hören 
ein Brüllen und Zischen, zeitweise deutlich das eigentümliche Anschlagen 
stürzender Wassermassen an den harten Felsenklippen; der Felsenboden 
unter uns scheint zu zittern, als käme dies Getöse aus eiuer Höhle unter 
uns. Wenn wir in die Tiefe des Abgrundes hinabsehen könnten, es würde 
Aus allen Erdteilen. 4
	        
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