62
Während die zur Erblichkeit gelangenden Grafen und Herzöge
aus Familien- und Sonderinteressen oft eine feindliche Stellung
gegen das Königtum einnahmen, gewann dieses in den Bischöfen
und Reichsäbten, da bei Erledigung einer Stelle der König den
Nachfolger zu ernennen oder zu bezeichnen pflegte, für lange
Zeit eine zuverlässige und starke Stütze.
e) Abwehr der Ungarn (955). |Dte Ungarn erneuerten,
durch die inneren Streitigkeiten in Deutschland ermutigt, ihre
Raubzüge. Aber Otto brachte durch Unterstützung fast aller
deutschen Stämme ein tüchtiges Reichsheer auf und schlug sie
(955) bei Augsburg auf dem Lechfelde entscheidend. In
der Schlacht fand der eben entsetzte Herzog Konrad, dessen
Tapferkeit viel zum Siege beitrug, den Heldentod. Die Ungarn
stellten von jetzt an ihre Raubzüge ein und bequemten sich zu
einem setzhaften Leben.
f) Erwerbung der Kaiserwürde (962). Nach dem Abzüge
Ottos aus Italien strebte Berengar bald dahin, seine Selbständig-
keit wiederzugewinnen und seine Macht auch über Rom aus¬
zudehnen. Der Papst Johann XII. wandte sich an den deut-
schert König um Hilfe. Otto zog zum zweitenmal über die Alpen,
ließ gegen Berengar, der wieder keine Schlacht wagte, einen
Teil des Heeres in Oberitalien zurück und rückte mit seiner
Hauptmacht nach Rom. Hier empfing er nebst seiner Gemahlin
vom Papste die Kaiserkrone (2. Febr. 962).
Aber kaum hatte Otto nach kurzer Anwesenheit Rom ver-
lassen und sich wieder gegen Berengar gewandt, als der Papst,
der vom Kaiser in seinen Hoheitsrechten geschmälert zu werden
fürchtete, nun mit Berengar eine Verbindung einging. Auf die
Kunde hiervon eilte der Kaiser nach Rom, von wo Johann flüchtete,
und lieh die Römer schwören, niemals einen Papst ohne seine
Zustimmung zu wählen. Dann lieh er Johann durch eine Synode
italienischer und deutscher Bischöfe absetzen und einen neuen
Papst wählen. Berengar mutzte sich bald darauf ergeben und
wurde nach Bamberg in die Verbannung geführt.
Neue Unruhen in Rom veranlatzten Otto, zum drittenmal
nach Italien zu ziehen (966—972). Er bestrafte die Aufrührer
mit eiserner Strenge. Zur Sicherung seiner Herrschaft über
das Königreich Italien suchte Otto vergebens seine Macht auch