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erbte der König, dessen Mutter Luise Henriette eine Orcmierin
war, die Grafschaft Mörs (am Niederrhein, bei Cleve) und
die Grafschaft L in gen (an der Ems). Den letzteren Besitz
vergrößerte die durch Kauf erworbene Grafschaft Tecklenburg,
den ersteren das im Utrechter Frieden gewonnene Obergeldern.
(Zu der „oranischen Erbschaft" gehörte auch Neuenburg [Neufchatel]
in der Schweiz. Dieses wurde später von dem Könige Friedrich
Wilhelm IV. an die Schweiz abgetreten.)
c) Innere Zustände. Die Regierung des ersten Königs brachte
dem Lande wenig Glück. Denn auch er gefiel sich in der Nach-
ahmung des französischen Hofes. Die Prachtliebe des Königs
und die Günstlingswirtschaft belasteten das Volk mit Steuern
und den Staat mit Schulden. Immerhin förderte die Freigebigkeit
des Königs die Kunst und Wissenschaft, für die er selbst und
besonders seine geistreiche Gemahlin Sophie Charlotte Verständnis
besaß. Er gründete die Universität Halle und schmückte seine
Hauptstadt Berlin mit Prachtbauten. Das Zeughaus und das
Berliner Schloß stammen aus dieser Zeit. Der Schloßneubau
ist ein Werk des berühmten Baumeisters und Bildhauers Schlüter,
der auch das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten in Berlin
geschaffen hat. Chartottenburg erinnert durch feinen Namen noch
jetzt an die erste Königin von Preußen.
6. Per nordische Krieg (1700—1721).
§ 18. a) Schwedens Feinde. Während die Staaten des westlichen
Europa und das deutsche Reich in dem spanischen Erbfolgekriege
miteinander rangen, tobte im Norden und Osten des Erdteils ein
noch längerer und gleich folgenschwerer Krieg. Wie im Westen
Frankreichs Übergewicht, so wurde im Nordosten das Schwedens
durch den Kampf eines großen Bundes beseitigt. — Die Jugend
des kaum dem Knabenalter entwachsenen Königs Karl XII. von
Schweden, dessen Fähigkeiten man allgemein unterschätzte, ge-
dachten die drei Nachbarmächte Dänemark, Rußland und Polen
sich zunutze zu machen. Alle drei hatten in früheren Kriegen an
Schweden Gebiete abtreten müssen, die sie jetzt gemeinsam wieder¬
zuerlangen hofften.
In dem Wahlkönigreiche Polen regierte (feit 1697) der ehr¬
geizige und verschwenderische Kurfürst August II. der Starke