Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

10 Das Mittelalter. 
Im Handgemenge brauchen sie das Schwert. Dabei werfen sie dem 
Feinde mit der linken Hand eine Fangleine über, um ihn festzuhalten 
und wehrlos zu machen. — Auf den mit Fellen überzogenen Karren 
hausen ihre schmutzigen Weiber, weben dort die groben Kleider und er- 
ziehen die Kinder. — Sie wissen ebensowenig wie die Tiere des Waldes 
zwischen Ehre und Schande zu unterscheiden, sie sind tückisch und ver- 
logen und wissen nichts von Religion." 
Im Jahre 375 überschritten die Hunnen den Don und zertrümmer- 
Goten im Ost- teu das Reich der Ostgoten. Diese behielten wohl ihre Wohnsitze, mußten 
m*c' aber den asiatischen Herrschern Heeresfolge leisten. Die Westgoten wichen 
dem hunnischen Stoße aus; ein Teil von ihnen zog sich in die Karpathen 
zurück, die Hauptmasse aber barg sich hinter der unteren Donau, wozu 
sie vom Kaiser Erlaubnis erhalten hatte. Als sie hier aber von römischen 
Beamten schlimm behandelt wurden, erhoben sie sich. Bei Adriano^el 
trat ihnen Kaiser Valens mit den Legionen entgegen. Aber er verlor 
Schlacht und Leben (378), zwei Drittel seines Heeres wurden nieder- 
gemacht. Nun schloß TheodosiyL einen Vertrag mit ihnen, wonach 
sie Jahrgelder und zwischen Donau und Balkan Wohnsitze erhielten und 
dafür dem Reiche Hilfstruppen stellten. 
Roms Heere bestanden um diese Zeit schon zum größten Teil aus 
Germanen im Germanen, die aus Lust an Kriegsabenteuern den Dienst des Kaisers 
römischen Staate. Uni) diese Söldner hatten vielfach nicht Römer, sondern Männer 
des eigenen Blutes zu Führern. Germanische Bauern füllten die ge- 
waltigen Lücken aus, welche Kriege und Seuchen in die Bevölkerung des 
Reiches gerissen hatten. Seit der Regierung Konstantins des Großen 
drangen Germanen sogar in die leitenden Stellungen ein, sie fanden 
Zutritt zum Senat, befehligten die Heere, ja schon ließen sich einige als 
Gegenkaiser aufstellen. Theoderich der Große setzte einen Wandalenfürsten 
namens Stilicho, dem er eine seiner Töchter zur Frau gegeben hatte, 
zum Vormund seiner beiden unmündigen Söhne Arkadius und Honorius 
ein. Das Westreich zumal, das unter unfähigen Kaisern stand, ward etwa 
seit 400 in Wirklichkeit von germanischen Staatsmännern beherrscht. Mit 
Ingrimm sahen dies die Römer, in denen noch ein Funke vom Geist 
ihrer Vorfahren lebendig war. So sagt einer: „Es ist eine Schmach, 
daß dieser menschenreiche Staat die Ehre des Krieges andern überläßt, 
deren Siege uns beschämen, selbst wo sie uns nützen. Diese Bewaffneten 
werden unsere Herren spielen wollen und alsdann werden wir, die Waffen- 
entwöhnten, mit Waffengeübten zu kämpfen haben. Wir muffen den 
alten Römergeist wieder erwecken, unsere Schlachten selbst schlagen, mit 
Barbaren keine Gemeinschaft Pflegen, sie aus allen Ämtern vertreiben, 
zumal aus dem Senat. — Diese Barbaren, bisher brauchbare Knechte 
unserer Häuser, wollen nun nnsern Staat regieren! Wehe, wenn ihre 
Heere und Häuptlinge in nnserm Solde sich empören und ihre zahlreichen
	        
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