§ 14. Der Feldzug in Deutschland. 55
Gewalt befanden sich noch die Festungen Erfurt, Dresden, Torgau,
Wittenberg, Magdeburg, Hamburg, Glogau, Küstrin, Stettin und Danzig,
in denen etwa 190000 Mann als Besatzung lagen. Die meisten wurden
in den nächsten Monaten von den Verbündeten zur Übergabe gezwungen,
einige fielen erst nach dem Friedensschluß in deren Hände.
Kein deutsches Land ward durch den Krieg von 1813 schwerer Sachsens Lag-,
heimgesucht als Sachsen. Um Freund und Feind zu verpflegen und die
eigenen Truppen auszurüsten, mußte es in 1% Jahren 67 Millionen
Taler aufbringen; in Dresden fanden von 1810 bis 1814 fast 11 Mil¬
lionen Soldaten Quartier. Nirgends litt man dabei so unsäglich wie in
Sachsen unter dem Elend des Kriegs. Viele Ortschaften waren verwüstet
oder verbrannt; in den Spitälern lagen Zehntausende Verwundeter.
Von ihnen aus verbreiteten sich Seuchen wie Typhus und Nervenfieber
über das Land; in einem Jahre sank die Zahl der Bevölkerung fast um
100000. Auch nach der Völkerschlacht bei Leipzig hörten die Durch-
Märsche nicht auf, und seufzte man vorher unter den Ausschreitungen der
Franzosen, so litt man jetzt nicht minder unter denen der Russen. Der
König saß als Gefangener in Berlin. Das Land stellten die Sieger
unter den „Zentralverwaltnngsrat", der die zu befreienden Rhein¬
bundsgebiete verwalten sollte und von Stein geleitet ward. Dieser
ernannte den russischen Fürsten Repnin zum Generalgouverneur
Sachsens. Der fremde Statthalter führte seine Regierung mit Kraft
und Umsicht; er beseitigte manche veraltete Einrichtungen, gewährte den
Anhängern der russischen Kirche freie Ausübung ihres Kultus und die
bürgerlichen Rechte, milderte die allgemeine Not und stärkte die Kraft
des Landes, um sie freilich vor allem den Kriegszwecken der Verbündeten
dienstbar zn machen und dem Lande neue Rüstungen aufzuerlegen. Die
Streitmacht, die im Winter von 1813 auf 14 neu aufgestellt wurde,
umfaßte den Banner, ein Korps von Freiwilligen aus den besten
Kreisen des Volkes, die Landwehr, der alle wehrhaften Männer bis
zu 45 Jahren angehörten, und das stehende Heer.
Vor Stein und den „preußischen Jakobinern" die die Gebiete der
Rheinbundsfürsten als „Kompensationsgegenstände" benutzen wollten, tue]e unb Metternich,
zu schützen war Metternichs ganzes Bemühen. Stein, voll patriotischen
Ingrimms gegen die „Despoten der sechsunddreißig Rheinbundshäupt-
liitqe" wollte die Wiederherstellung der Mediatisierten von 1806, die
Verkleinerung der Rheinbunds-Mittelstaaten, die Teilung Deutschlands
in zwei aroße Bundesstaaten, einen preußischen im Norden und einen
österreichischen im Süden, die Vereinigung beider durch einen auch von
Vertretern der Landtage beschickten Reichstag und durch eme vom Hause
Habsburg auszuübende Kaisergewalt. Mit diesem von Friedrich d. Gr.
stets bekämpften Dualismus waren die preußischen Staatsmanner
einverstanden, das Kaisertum wollten sie aber nicht hergestellt wqien.