Full text: Geschichte der Neuzeit von 1517 bis 1786 (Teil 5)

50 Die Neuzeit. 
Anfang des Dreißigjährigen Krieges war der steuerfreie Besitz in Sachsen 
größer als der versteuerte. 
Augusts Kurfürst August hinterließ bei seinem Tode 180000 Gulden bares 
Finanzpolitik, hatte dabei auch hohe Kapitalien in Rittergütern angelegt und als 
Darlehen ausgegeben. Seine Nachfolger besaßen seine Verwaltungsgabe 
nicht. 1622 war die fürstliche Kammer bereits mit einer Schuld von mehr als 
7 Millionen Gulden belastet. 
f. Recht und Gericht. Das Reichskammergericht war nur für die kleinen 
Gebiete zuständig, die das Privilegium de non evocondo nicht besaßen. 
Die mächtigeren Fürsten bildeten ihre Gerichtshoheit durch Einsetzung von 
Hofgerichte. Hofgerichten weiter aus. So gab Johann der Beständige dem eigentlichen 
Kurlande, das auf Grund alter Freiheiten dem Leipziger Oberhofgerichte 
nicht unterstand, ein besonderes Hofgericht zu Wittenberg. Die Ernestiner 
errichteten nach dem Schmalkaldischen Kriege für Thüringen das Oberhof- 
gericht in Jena (1566). Der Widerstreit zwischen dem römischen und 
einheimischen Rechte führte zu verderblichen Schwankungen in der Recht- 
sprechung, welchem Übelstande Kurfürst August in seinem Lande durch die 
Die kursächsischen „Konstitutionen" von 1572 ein Ende machte. Dieses Gesetzbuch ging 
"Konstitutionen" au§ Beratungen von Rechtsgelehrten und Staatsmännern hervor. In klarer 
Dn ' deutscher Sprache geschrieben, den praktischen Verhältnissen des Lebens 
möglichst Rechnung tragend, den Schwachen gegen den Starken kräftig 
schützend, bedeutet es eine gesetzgeberische Großtat des Kurfürsten August. 
Es ward auch in Thüringen neben dem Sachsenspiegel die Grundlage der 
Der Leipziger Rechtsprechung. Den Leipziger Schöppenstnhl gestaltete August in der 
Schöppenstnhl. gge^e UM, daß er den Laienschöppen wieder das Übergewicht Über die 
gelehrten Richter gab. Zugleich erhob er ihn von einem städtischen zu einem 
landesherrlichen Spruchhofe, in welcher Gestalt er bis 1835 bestand. Unter 
Die kursächsische Johann Georg I. kam die kursächsische Prozeßordnung (1622) zu stände, 
Prozeßordnung. ebenfalls in Thüringen eingeführt ward. Damit war in Sachsen die 
Rechtspflege auf mehr als zwei Jahrhunderte hinaus geregelt. 
Übergang g. Das Heerwesen. Bei der Unzulänglichkeit der Ritteraufgebote kamen, 
zum Söldnerheer. jn Sachsen namentlich seit dem Schmalkaldischen Kriege, die Söldnerheere auf. 
Den Rittern wurde gestattet, sich durch eine Geldentschädigung von der 
Die „Desenstons- Gestellung eines Lehnspferdes loszukaufen. Nach der kursächsischen „Desensions- 
K°ursachsen's ordnung" von 1613 stellten die Ritter noch gegen 1600 Pferde, die aber 
meist von Söldnern, Knechten und armen Adligen geritten wurden. Als 
sich diese Reiterei schlecht bewährte, wurden 1632 die Ritterdienste völlig 
abgelöst. Daneben bestand die etwa 10000 Mann starke Fußtruppe der 
„Defensioner", die nach dem Grundsatze der allgemeinen Wehrpflicht aus 
dem Kreise der Angesessenen ausgehoben wurde. Da auch sie sich als völlig 
unbrauchbar erwies, mußte Sachsen im Dreißigjährigen Kriege wieder ein 
Söldnerheer anwerben. 
h. Staats- und Volkswirtschaft. Jetzt konnte sich nur noch in den 
Das Wirtschafts, größeren Binnenländern im Osten und Südosten des Reichs ein kräftigeres 
lebender größeren Erwerbsleben entfalten, da hier allein die Möglichkeit eines regeren Güter- 
deutschen Staaten. r ' ' „ . , , _ ,, . 
austauschs bestehen blieb. Ja, Kursachsen erlebte eine Zeit wirtschaftlicher
	        
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