Full text: Geschichte der Neuzeit von 1517 bis 1786 (Teil 5)

§ 9. Zustände Deutschlands im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation. 53 
halten. Die wichtigsten Einfuhrgegenstände waren Salz, das zum Bergwerks- Die Einfuhr, 
betriebe nötige Blei (aus Goslar), Wolle, Baumwolle, wozu aus Asien 
und Amerika bald auch der Indigo als Ersatz für Waid, der Zucker als 
solcher für Honig und der Tabak (als Heilmittel) sowie Gewürze kamen. 
Die um 1620 über ganz Norddeutschland hereinbrechende Münz- 
Verwirrung bewirkte den wirtschaftlichen Zusammenbruch Sachsens. Das Wirtschaftlicher 
Reich hatte das Wertverhältnis des großen Geldes zu der damals auch in Zusammenbruch 
Silber geprägten Scheidemünze so bestimmt, daß diese nur mit Verlust 
herzustellen war. Um sich dabei aber doch schadlos zu halten oder gar noch 
zu gewinnen, ließen viele Fürsten Kleinmünze mit verringertem Feingehalt 
prägen. Die Verschlechterung ergriff schließlich auch das große Geld. Nun 
bekam Sachsen für seine vollwertigen Münzen, die das Ausland zurück- 
behielt, eine Flut leichten Geldes zurück. Die Regierung wußte sich nicht 
anders zu helfen, als daß fie (seit 1620) auch geringwertiges Geld („Usual- 
münze") prägen ließ. Das Volk verkaufte an sie mit Freuden silberne 
Geräte usw., erhielt man doch dafür an neuem Gelde weit mehr als man 
an altem dafSr gegeben hatte. Aber furchtbar war die Enttäuschung. Die 
Entwertung des Geldes kam in einer unerhörten Preissteigerung zum Aus- 
druck. Schließlich wollte niemand die „Usualmünze" mehr nehmen. Die 
grenzenlose Wut des Volkes wandte sich namentlich gegen die Silbereinkäufer, 
„die Kipper und Wipper"1). 1624 zog Sachsen das Kippergeld wieder Die Kipper 
ein. Tausende von wohlhabenden Einwohnern waren gänzlich verarmt. unb 
Unermeßliche Verluste erlitt der Staat. Wenn er das leichte Geld, in dem 
man die Steuern zahlte, zu echtem umschmelzen ließ, verlor er zuweilen 
80—90 Prozent des Nennwertes. Mit schwer erschütterten Finanzen ging 
Sachsen dem Kriege entgegen. 
i. Kirchen und Schulen unter staatlicher Aufsicht. Im 16. Jahrhundert Die Landeskirche, 
ward die Landeskirche völlig ausgebaut. Die Anschauung der Reformatoren, 
wonach die Fürsten bei allem Eingreifen in kirchliche Dinge lediglich als 
weltliche Machthaber gemäß ihrer Christenpflicht der Kirche dienten, wich 
seit dem Augsburger Religionsfrieden der anderen, die sie zu Herren der 
Kirche machte, indem sie ihnen Bischofsrechte zusprach („Episkopal- „Episkopal- 
system"). wem". 
Die Konsistorien wurden vermehrt. Das albertinische Sachsen setzte Kirchenbehörden, 
nach dem Beispiele des Kurlandes solche in Meißen und Leipzig ein, das 
ernestinische Thüringen errichtete das Gesamtkonsistorium in Jena, an dessen 
Stelle später (1612) besondere Konsistorien in Weimar und Altenburg 
traten. Die Konsistorien übernahmen 1580 die bisher von Hoftheologen 
abgehaltenen Prüfungen der Geistlichen, auch die seither durch die Amtleute 
bewirkte Besetzung der Pfarrstellen, die unter dem Patronat des Landes¬ 
herrn standen. Sie hatten alle Geistlichen zu ordinieren (in den geistlichen 
Stand aufzunehmen) und die von Privatpatronen gewählten zu bestätigen. 
Um der Kirchenverwaltung größere Einheit zu geben, verlegte man 1606 
das Meißner Konsistorium nach Dresden, erhob es zum Oberkonsistorium 
und betraute es mit der Aufsicht über die anderen sowie über die Universitäten. 
1) Vgl. über sie Gustav Freytag, Bilder. III, 2.
	        
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