176
Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. 1356.
König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und
der Markgras von Brandenburg kraft ihres Königreiches und ihrer Fürsten-
tümer bei der Wahl eines Römischen Königs und künstigen Kaisers zusammen
mit den übrigen Mitwählern, den geistlichen Fürsten, Recht, Stimme und
Sitz haben und zugleich mit jenen für wahrhafte und gesetzmäßige Wahl-
fürsten des heiligen Reiches gehalten werden und es sind. Damit nun nicht
unter den Söhnen dieser weltlichen Wahlsürsten über Recht. Stimme und
Gewalt zu küren in künftigen Zeiten zu Ärgernissen und Zwistigkeiten Anlaß
gegeben und so das gemeine Wohl durch gefährliche Verzögerungen gehindert
werde, so setzen wir in dem Wunsche, mit Gottes Hilfe künftige Gefahren
glücklich zu vermeiden, fest und bestimmen kraft unserer kaiserlichen Macht
durch gegenwärtiges Gesetz auf ewige Zeiten, daß, wenn selbige weltliche Kur-
fürsten und irgend einer von ihnen zu leben aufgehört hat, Recht, Stimme
und Gewalt derartiger Wahl an seinen ersten ehelich geborenen Sohn von
weltlichem Stande, falls aber ein solcher nicht mehr vorhanden ist, an den
Erstgeborenen desselben Erstgeborenen gleichfalls von weltlichem Stande frei
und ohne Widerspruch irgend eines übergehen. Falls aber selbiger Erst-
geborener ohne rechtmäßige Söhne von weltlichem Stande aus der Welt
geschieden ist. dann soll kraft des gegenwärtigen kaiserlichen Erlasses Recht.
Stimme und Befugnis zu vorgenannter Wahl an den älteren Bruder von
weltlichem Stande, der von der wahren väterlichen Linie abstammt, und
alsdann an dessen Erstgeborenen von weltlichem Stande übergehen.1
Und solche Erbfolge bei den Erstgeborenen und Erben selbiger Fürsten
in Recht, Stimme und Gewalt, wie vorbezeichnet, soll für ewige Zeiten
beachtet werden, jedoch unter der Bedingung und Maßnahme, daß, wenn
ein Kurfürst oder sein Erstgeborener oder älterer Sohn weltlichen Standes
sterben und männliche rechtmäßige weltliche Erben in noch unmündigen Jahren
hinterlassen sollte, dann der ältere Bruder dieses Erstgeborenen Vormund
und Verweser derselben sein soll, bis der Älteste von ihnen das gesetzmäßige
Alter erreicht hat. Als solcher soll nach unserer Willensmeinung und ewigen
Verordnung bei einem Kurfürsten das vollendete achtzehnte Lebensjahr gehalten
werden und gelten. Wann er dieses vollendet hat, soll der Vormund gehalten
sein, Recht. Stimme und Gewalt und alles zu diesen Gehörige ihm gänzlich
mit dem Amte sofort zu überweisen.
Wenn ein Fürstentum im Reich ledig wird, so soll der Römische König
damit tun und handeln, wie mit einem Gut, das an ihn und das Reich
gefallen ist.
Kap. 8. Bon den Freiheiten des Königs von Böhmen und der Ein-
wohner seines Landes. Sie dürfen vor kein anderes als das Gericht des Königs
von Böhmen gezogen werden.
1 Vgl. Titel III, Artikel 53, 54 und 56 der Verfasiung des preußischen Staates.