Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgange des Dreißigjährigen Krieges (Bd. 1)

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Aschbach: Das Konzil zu Konstanz. 
ein Beschluß erlassen worden war, welcher sie als eine gegen den Kirchen¬ 
gebrauch gehende gefährliche Neuerung erklärte, schritt man endlich auch zur 
Verurteilung des Hus selbst, der ungeachtet aller möglichen Versuche nicht zum 
Widerruf seiner Lehre zu bewegen war. Am 6. Juli ward die Verdammung 
des Hus ausgesprochen. Hus hatte das nicht anders erwartet; als er aus 
dem Gesängnisse abgeholt ward, hatte er sich schon zum Tode vorbereitet, von 
seinen Freunden und Anhängern schriftlich Abschied genommen und sie zur 
Festigkeit in ihrem Glauben ermahnt. Der Urteilsspruch lautete: „Johannes 
Hus, offenbarer, unverbesserlicher, hartnäckiger Ketzer, dessen Irrtümer die 
Kirche schon längst verurteilt, der Aufruhr gelehrt und gepredigt, das Ansehen 
der Kirche gelästert hat, werde des Priestertums entsetzt und aller Weihen 
beraubt, sodann (zur Bestrafung) dem weltlichen Arm übergeben, da die 
Kirche nichts mehr mit ihm zu thun habe." Das Urteil ward noch denselben 
Tag vollzogen. Unmittelbar nach seiner Verlesung schritt man zur Degra- 
dierung des Hus. Man übergab ihn der weltlichen Obrigkeit, dem Römischen 
Könige, mit der Bitte, daß er ihn nicht töten, sondern nur in immer- 
währender Gefangenschaft halten möchte. Der König übergab Hus dem zum 
Beschirmer des Konziliums angeordneten Pfalzgrafen Ludwig mit den Worten: 
„Lieber Fürst, weil wir das Schwert nicht umsonst tragen, sondern zur 
Bestrafung derer, die Böses tun, so nimm diesen Mann, Johann Hus, und 
vollziehe an ihm in unserem Namen die Strafe, die ihm als einem Ketzer 
gebühret." Das Gesetz aber bestimmte nach dem Schwaben- oder Kaiser- 
spiegel, daß Ketzer, nachdem sie von dem geistlichen Richter überführt worden, 
dem weltlichen Arm überliefert und verbrannt werden sollen. Die Hinrichtung 
ward noch an demselben Tage vollzogen. 
c) Die Reform der Kirche. Gleich am Tage nach der Krönung 
des Papstes Martin V. drangen die fünf Nationen daraus, daß die Kirchen- 
reformatio« vorgenommen werde. Martin schien dazu bereit und ernannte 
sechs Kardinäle, um mit den Bevollmächtigten der Nationen an dem Refor¬ 
mationsgeschäfte zu arbeiten. Allein die Kardinäle wichen in ihren Ansichten 
über die zu reformierenden Punkte sehr bedeutend von der Meinung der 
Abgeordneten der Nationen ab, und diese waren wieder unter sich gar nicht 
einig. Daher trat der Papst mit jeder Nation einzeln in Unterhandlung; 
so entstanden vier Konkordate; denn mit den Italienern, welche ganz mit 
dem Papste einverstanden waren, brauchte er keins abzuschließen. Da jedoch 
diese Konkordate, welche auf fünf Jahre Gültigkeit haben sollten, nicht die 
Bestätigung der Regierungen erhielten (das Konkordat mit der deutschen 
Nation wurde wenigstens nicht aus einem Reichstage den Ständen vorgelegt), 
sie aber auch keineswegs dem Inhalte nach den Erwartungen von dem 
Reformationswerke entsprachen, so mußte man dieses als mißlungen ansehen. 
d) Reichsangelegenheiten. Die Tätigkeit Sigmunds in Konstanz
	        
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