Maitz: Das Lehnswesen.
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den Ministerialen oblagen, und die dazu führten, diese von anderen abhängigen
Leuten zu unterscheiden, die aber auch bei ihnen gerade an den Besitz eines
Benefiziums gebunden waren.
Eben dieser Dienst nimmt regelmäßig einen kriegerischen Charakter
an, und die politische Bedeutung des Lehnswesens ist zu einem guten Teile
hierin zu suchen. Ein Lehen, auf dem eine solche Verpflichtung ruht, heißt
ein Kriegslehen. Da es aber Regel ward, daß der Kriegsdienst eben von
der Erteilung eines Lehens abhing, erhielt dies geradezu die Bedeutung eines
Lohnes oder Soldes für denselben, und man sprach in diesem Sinne von
Soldgütern. Dabei ist noch ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Heer-
dienst für das Reich und der Kriegshilfe, die dem Herrn bei anderer
Gelegenheit geleistet wird. War jene eine Verpflichtung, die an sich auf dem
Grundbesitze, auch dem Lehnsbesitze, ruhte, und die nur dadurch einen besonderen
Charakter empfing, daß sie jetzt zunächst den Fürsten oblag und von diesen
eben mit den Inhabern ihrer Benefizien abgeleistet ward, so kam es für
den Dienst in eigenen Angelegenheiten des Herrn, wenn nicht ein Abhängigkeits-
Verhältnis bestand, das zu demselben verpflichtete, auf die besondere Berein-
barung an, die im einzelnen Falle getroffen war.
In der staufischen Zeit wird als alte Sitte erwähnt, daß bei dem
sogenannten Römerzuge, wenn das Heer auf den Ronkalischen Feldern lagerte,
jeder, der Lehen besaß, die erste Nacht bei dem Herrn eine Wache leisten
mußte; es war ein Mittel, um über die Anwesenheit der Dienstpflichtigen
Gewißheit zu erlangen.
Eine besondere Art des Kriegsdienstes ist die Verteidigung von Burgen;
die Pflicht dazu war oft an eigene Lehen geknüpft, die danach Burglehen hießen.
Neben dem Heerdienst steht der Hosdienst, die Pflicht, am Hofe des
Herrn zu erscheinen, wenn er Gericht hält, an diesem und an gepflogenen
Verhandlungen teilzunehmen. Zum Hofdienst gehört aber auch die Ver-
pflichtung, den Herrn an den Hof des Königs zu begleiten.
Mit dem Empfange des Lehens war — wenn nicht wie bei den
Ministerialen und den aus den Hintersassen genommenen Verwaltern niederer
Ämter schon eine andere Abhängigkeit bestand — regelmäßig die Huldigung
als Vasall verbunden, die ein eigentümliches persönliches Verhältnis zwischen
Verleiher und Empfänger begründete und in der Ausbildung des Lehnswesens
als wesentliches Erfordernis erschien. Der Akt, welcher die Verbindung
begründete, hieß dem deutschen „Mannschaft" entsprechend hominium oder
homagium. „Nach Recht der Mannschaft" ist gleichbedeutend mit „zu
Lehen", „nach Lehnsrecht". Wie der, welcher das Lehen erteilt, der Herr
heißt, so wird es auch für den, welcher die Huldigung leistet, als die Unter-
werfung unter eine Herrengewalt betrachtet. Auch auf Frauen hat das
Verhältnis der Vasallität Anwendung gefunden, doch hat meist ein anderer,
Atzler, Quellenstoffe u. Leseftücke. I. 6