Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zum Ausbruch des Weltkrieges (Teil 2)

252 X. Von der Wiederaufrichtung des Deutschen Kaisertums bis zum Weltkriege. 
losen Wirkens ein weit über Bayerns und Deutschlands Grenzen hin- 
ausgehendes Ansehen. Das offenbarte sich vornehmlich an denkwürdigen 
Tagen: am 80. und 90. Geburtstag des Regenten und bei der Feier 
des 100 jährigen Bestehens des Königreichs Bayern. 
Am 12. Dezember 1912 schied der ehrwürdige Regent, der bis 
in das hohe Greisenalter eine bewundernswerte Rüstigkeit sich bewahrt 
hatte, aus dem Leben. Ihm folgte zunächst als Prinzregent sein Sohn Ludwig. 
B. König Ludwig III. 
ÄtZr 3- Ludwig wurde am 7. Januar 1845 als erster Enkel König 
ü£gÄafter Ludwigs I. geboren. Nachdem er eine sorgfältige Jugendausbildung 
erhalten hatte, bezog er 1862 die Universität München, wo er durch 
philosophische, juristische und staatswissenschaftliche Studien den Grund 
zu seinem umfangreichen Wissen legte. 1866 beteiligte er sich als 
Ordonnanzoffizier seines Vaters am Kriege. Die bei Helmstadt in 
Unterfranken erhaltene Verwundung hinderte ihn, sich der militärischen 
Laufbahn zu widmen. So kehrte er zur Fortsetzung seiner wissen- 
schaftlichen Ausbildung zurück, bewahrte aber dem Heere gegenüber 
stets ein lebhaftes Interesse. Bald wandte er auch praktischen Fragen 
seine Aufmerksamkeit zu und nun entfaltete er in klarer Erkenntnis 
ihrer Bedeutung für das Wohl und die Zukunft des Landes auf 
wirtschaftlichem Gebiet eine außerordentlich anregende und frucht- 
bare Tätigkeit. Gelegenheit dazu bot ihm u. a. (seit 1873) der fast 
regelmäßige Besuch der alljährlich stattfindenden Wanderversammlungen 
bayerischer Landwirte, der ihn in verständnisvolle Berührung mit allen 
Kreisen der Bevölkerung brachte. Bei seiner dem wirtschaftlichen Leben 
zugewandten Fürsorge war es ihm aber immer darum zu tun, die 
Harmonie der Interessen zu wahren, also Landwirtschaft, Industrie 
und Handel in gleichmäßiger Weise zu fördern. Mit besonderer Umsicht 
verfolgte der Prinz die Entwicklung der Binnenschiffahrt in 
Deutschland. Auf Grund des dabei erworbenen reichen sachlichen 
Wissens regte er anfangs der 90 er Jahre zur Gründung des Äereins 
zur Hebung der Fluß- und Kanalschiffahrt in Bayern an (Rede in 
der Kammer der Reichsräte 1892), dessen Protektor er wurde. Was 
Ludwig als Ziel seines Strebens ins Auge faßte und woran er auch 
jetzt als König unverrückbar festhält, das ist die Schaffung eines Groß- 
schiffahrtsweges auf dem Main und der Donau und damit die Her- 
stellung einer Verbindung zwischen der Nordsee und dem Schwarzen 
Meere. (Bedeutung des Zieles im Lichte des Weltkrieges). 
Rege? und 4- Nach dem Tode seines Vaters übernahm Ludwig, der schon unter 
Kd>ng^ König Ludwig IL, noch mehr aber unter Luitpold mit wichtigen Stell- 
Vertretungen beauftragt war, als Prinzregent die Regierung von 
Bayern. Schon länger als 25 Jahre hatte das Land eines wirklichen
	        
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