Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

Oncken: Friedrich Wilhelm I. als Schöpfer des Heerwesens. 109 
Den ganzen Mann, wie er leibte und lebte, in seiner eigensten An- 
schauungs- und Redeweise haben wir vor uns in dem umfassenden Ver- 
waltungsplan, den er seiner fruchtbarsten Schöpfung, dem General- 
direktorium, als Instruktion mit auf den Weg gab. Es war eine 
schöpferische Tat, als er am 19. Januar 1723 die bisher getrennten Ver- 
waltungen der Steuern einer- und der Domänen anderseits zusammenlegte 
und einer einzigen Behörde übergab. Es gab in Preußen zweierlei Steuern, 
welche dem Unterhalt des Heeres dienten, die Akzise in den Städten, die 
Kontribution auf dem flachen Lande; beide wurden durch die Kriegs- 
kommifsariate in den Provinzen erhoben und an das General-Kriegs- 
kommissariat in Berlin abgeführt. Die Domänen wurden durch die Finanz- 
und Domänenkammern bewirtschaftet, und diese standen unter dem General- 
Finanzdirektorium in Berlin. Zwischen diesen beiden Körpern herrschte in 
den Provinzen wie in der Hauptstadt jener beständige Unfriede, der unver- 
weidlich ist überall, wo Zusammengehöriges sich in verschiedenen Händen 
befindet, und diesem machte der König ein Ende, als er die beiden Ver- 
waltungen in eine verschmolz; das geschah durch Bildung von Provinzial- 
Kommissariaten und -Kammern als Mittelstellen und die Stiftung des 
General-Oberfinanz-, Kriegs- und Domänendirektoriums in Berlin als Ober- 
behörde der gesamten Finanzverwaltung unter persönlichem Vorsitz des Königs. 
Rein fiskalisch gemeint würde die Maßregel eine sehr wohltätige Reform 
gewesen sein; denn in Ziffern ließ sich ausrechnen, was dem König und 
damit dem Staat verloren ging, wenn die beiden Eigenschaften, die er als 
oberster Kriegsherr und Eigentümer der Domänen in sich vereinigte, durch 
zwei Behörden auseinandergerissen wurden und nun wie feindliche Mächte 
gegeneinander wirkten. Hätte die neue Einrichtung nichts beabsichtigt als 
die Einheit der Interessen des Königs, d. i. des Staats, und der Steuer- 
zahler bei der Nation zum greifbaren Ausdruck zu bringen, so wäre sie 
schon ein ungeheurer Fortschritt gewesen; aber darauf beschränkte sich der 
Gedanke des Königs nicht; nicht fiskalisch, sondern volkswirtschaftlich im 
strengsten Wortsinn war er gemeint; das bezeugt die denkwürdige Instruktion, 
die der König für das neue Generaldirektorium am 20. Dezember 1722 
unterzeichnete, in jedem ihrer 35 Artikel. In einer Zeit, da das Steuer- 
Wesen so ziemlich überall nichts weiter war als Raubbau und Brandschatzung, 
schwebt ihm eine neue Verwaltung vor, die die große Sendung erfüllt, zu 
säen, wo sie ernten will, Wohlstand zu erzeugen, wo er fehlt, Arbeit und 
Gewerbe, Handel und Wandel zu beleben, wo er schläft, zu erleichtern, wo 
er leidet, und zwar nicht einseitig zum Vorteil des einen, zum Nachteil des 
anderen Standes, sondern zur gleichmäßigen Förderung aller, die da arbeiten 
und verdienen wollen. 
Die Mitglieder des Generaldirektoriums hatten zu schwören, daß sie
	        
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