Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

Die Schlacht bei Belle-Alliance. 
273 
Es war y28 Uhr. und noch stand die Schlacht; das ganze vierte 
Armeekorps und ein Teil des zweiten unter dem General Pirch war nach 
und nach angekommen. Die Franzosen fochten wie Verzweifelte; allmählich 
bemerkte man jedoch schon Unsicherheit in ihren Bewegungen und sah. wie 
mehreres Geschütz schon abgefahren ward. 
In diesem Augenblick erschienen die ersten Kolonnen des Armeekorps 
vom General Zieten auf ihrem Angriffspunkte beim Dorfe Smouhen in 
des Feindes rechter Flanke und schritten auch sogleich frisch ans Werk. Jetzt 
war's um den Feind geschehen. Von drei Seiten ward sein rechter Flügel 
bestürmt; er wich; im Sturmschritt und unter Trommelschlag ging's von 
allen Seiten auf ihn ein, indem zugleich die ganze britische Linie sich vor- 
wärts in Bewegung setzte. 
Einen besonders schönen Anblick gewährte die Angriffsseite des preu- 
ßischen Heeres. Das Terrain war hier terraffenartig gebildet, so daß 
mehrere Stufen Geschützfeuer übereinander entwickelt werden konnten, zwischen 
denen die Truppen brigadenweise in der schönsten Ordnung in die Ebene 
hinabstiegen, während aus dem hinten auf der Höhe liegenden Walde immer 
neue Massen sich entfalteten. 
Mit dem Rückzug des Feindes ging es noch so lange erträglich, bis 
das Dorf Planchenoit in seinem Rücken, das die Garden verteidigten, 
nach mehreren abgeschlagenen Angriffen und vielem Blutvergießen endlich 
mit Sturm genommen war. Nun wurde aus dem Rückzüge eine Flucht, 
die bald das ganze französische Heer ergriff und immer wilder und wilder 
alles mit sich fortriß. 
Es war y1/« Uhr. Der Feldmarschall versammelte jetzt die höheren 
Offiziere und befahl, daß der letzte Hauch von Mensch und Pferd zur Ber- 
folgung aufgeboten werden füllte. Die Spitze der Armee beschleunigte ihre 
Schritte. Rastlos verfolgt, geriet das französische Heer bald in eine völlige 
Auflösung. Die Chaussee sah wie ein großer Schiffbruch aus. Sie war mit 
unzähligen Geschützen, Pulverwagen, Fahrzeugen, Gewehren und Trümmern 
aller Art wie besät; aus mehr als neun Biwaks wurden diejenigen, die sich 
einige Ruhe halten gönnen wollen und keine so schnelle Verfolgung erwartet 
hatten, vertrieben; in einigen Dörfern versuchten sie zu widerstehen, doch 
sowie sie die Trommeln und Flügelhörner hörten, flohen sie oder warfen sich 
in die Häuser, wo sie niedergemacht oder gefangen wurden. Der Mond 
schien hell und begünstigte ungemein die Verfolgung. Der ganze Marsch 
war ein stetes Aufstöbern des Feindes in den Dörfern und Getreidefeldern. 
In Genappe hatte sich der Feind mit Kanonen, umgeworfenen Muni- 
tionswagen und Fahrzeugen verbarrikadiert; als wir uns näherten, hörten 
wir plötzlich ein Lärmen und Fahren im Orte und erhielten zugleich vom Ein- 
gange her ein starkes Gewehrfeuer; einige Kanonenschüsse, ein Hurra — 
Atzler, Quellenstoffe u. Leiestücke. II. 18
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.