Full text: Grundriß der Geschichte

XI. Aus dem Zeitalter der Kreuzzüge. 117 
zur Armen- und Krankenpflege und auf die drei Mönchsgelübde 
verpflichtet. Er gewann reiche Güter und Mitglieder in allen christ- 
lichen Ländern; nach dem Verlust von Ptolemais verlegte er feinen 
Hauptsitz zuerst nach Cypern, dann nach Rhodus. Nach dem Bei- 
fpiele der Johanniter gründeten französische Ritter den Orden der 
Templer, der durch ungestüme Tapferkeit bald ein Schrecken der 
Sarazenen wurde. Er erwarb große Reichtümer und bildete als 
eine geschlossene Adelsmacht in Frankreich einen Staat im Staate. 
König Philipp den Schönen gelüstete nach den Schätzen der Templer; 
er klagte sie eines kirchenfeindlichen Geistes und unnatürlicher Laster 
an, der von ihm abhängige Papst opferte sie und löste ihren Orden 
auf, ihre Güter wurden eingezogen, und ihr Großmeister, Jakob von 1307. 
Molay, wurde samt 54 Rittern verbrannt. Dem Volke erschien 
sein Tod als Märtyrertum, der rasch nachfolgende Tod des Königs 
und des Papstes als eine Ladung vor Gottes Gericht. — Im Lager 
Herzog Friedrichs von Schwaben vor Akko entstand aus einem Hos- 
pitale Bremer und Lübecker Kaufleute der Orden der Marien- 
brüder vom deutschen Hause; neben den Rittern enthielt er geist-1190. 
liche und Laien-Brüder, letztere Männer aus allen Ständen und Be¬ 
rufen als Krieger und Arbeiter des Ordens. Nach strenger Regel 
geleitet von dem Hochmeister und den unter ihm stehenden Gebietigern, 
in wohlgeordneter Organisation erlangte der deutsche Orden die 
größte Bedeutung durch Gründung seiner Herrschaft in Preußen 
und durch Verpflanzung deutscher christlicher Kultur in die östlichen 
Länder des Baltischen Meeres. 
Eroberung und Kolonisation Preußens durch den deutschen Orden (1230—83). 
§ 79. Im preußischen Knlmerlande am Ostufer der Weichsel 
hatte der Mönch Christian aus dem Kloster Oliva in Pommerellen 
unter dem Schutze des polnischen Herzogs Konrad von Masovien 
erfolgreich als christlicher Missionar gewirkt. Heidnische Preußen aber 
verheerten ergrimmt das Kulmerland und drangen auch in das benach- 
barte Masovien ein. Da wandte sich Konrad auf Christians Rat mit 
der Bitte um Hülfe an den berühmten Hochmeister des deutschen Rit- 
terordens Hermann von Salza; er trat diesem das Kulmerland ab, 
und Papst und Kaiser verhießen den deutschen Rittern die Herrschaft 
über alles den Preußen abgewonnene Land. Der Bruder Hermann 
Balk und wenige Ordensritter setzten sich auf der Höhe, wo nachher 
Thorn entstand, fest, und von hier aus besetzten sie allmählich das 1230. 
Land die Weichsel hinab, eroberten den Landstrich an der Meeres- 
küste und drangen bis zum Pregel vor. So oft Kreuzheere aus 
Deutschland und Polen kamen, begleitet von Kolonisten, schritten die 
Ritter emsig Ansiedelungen und Burgen gründend vor; in den Zwi- 
schenzeiten hatten sie und die zurückgebliebenen Kolonisten Not, die 
Angriffe der feindlichen Preußen abzuwehren, und bei dem ersten all-
	        
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